Letzte Aktualisierung: 19.11.2017

Weizenallergie

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Neben der Zöliakie und der Gluten-Sensitivität kann es einen weiteren Grund geben, wenn Patienten nach dem Verzehr von Weizen mit Verdauungsbeschwerden oder sonstigen Symptomen reagieren: die Weizenallergie.

Bei der Weizenallergie können verschiedene Proteine (z.B. Gluten oder Gliadin) des Weizens allergen wirken. Um hier die Unterschiede zur Zöliakie und zur Gluten-Sensitivität zu entwirren, möchte ich ein wenig ausholen:

Die Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, d.h. das Immunsystem richtet sich gegen die eigenen Körperzellen und zerstört sie, sobald Gluten verzehrt wird. Bei dieser Erkrankung dürfen keinerlei Spuren von Gluten verzehrt werden, anderenfalls würde der Selbstzerstörungsprozess wieder einsetzen.

Die Gluten-Sensitivität ist eine Nahrungsmittel-Unverträglichkeit. Bei solchen ist das Immunsystem nicht beteiligt, trotzdem können kleinere oder größere Glutenmengen kleinere oder größere Probleme verursachen (Mengenabhängigkeit). Werden lediglich Spuren von Gluten verzehrt, passiert bei einer Gluten-Sensitivität überhaupt nichts. Weiterhin sind die Haupt-Beschwerden bei der Gluten-Sensitivität so gut wie ausschließlich auf den Verdauungstrakt beschränkt, d.h. es treten vorrangig Verdauungsbeschwerden auf (Ortsabhängigkeit).

Bei der Weizenallergie lernt das Immunsystem zunächst unbemerkt während einer Sensibilisierungsphase spezifische, nur für dieses Allergen »passende« Antikörper (das entsprechende Weizenprotein) zu bilden, die dann später nach Ausbruch der Allergie bei Verzehr des Allergens sofort in Mengen produziert und ausgeschüttet werden. Dabei ist die Menge des verzehrten Allergens so gut wie unerheblich (Mengenunabhängigkeit) – es können manchmal auch bei sehr kleinen Weizenmengen (Spuren) massive allergische Reaktionen auftreten bis hin zum lebensbedrohlichen, anaphylaktischen Schock. Die Symptome können neben Verdauungsbeschwerden überall im Körper auftreten, zu nennen sind hier u.a. laufende Nase, tränende Augen, asthmatische Beschwerden, Ekzeme, Kopfschmerzen und viele andere. Es besteht also eine Ortsunabhängigkeit.

Die Weizenallergie kann mit den üblichen Methoden für Allergien diagnostiziert werden. Hier ist vor allem der Prick-Test zu nennen, bei dem das Allergen in einer Lösung auf die Haut des Unterarms getropft wird. Anschließend ritzt man mit einer feinen Nadel die Haut unter diesem Tropfen an, um das Allergen in die Haut zu bringen. Danach wird über Stunden und Tage beobachtet, ob und in welchem Maße sich die Haut um diese Stelle rötet oder sogar Quaddeln bildet. Je intensiver die Reaktion ausfällt, desto ausgeprägter ist die Allergie. Weiterhin trägt eine Blutuntersuchung, bei der bestimmte Parameter (IgE) bestimmt werden, zur Diagnosefindung bei.

Wie bei der Gluten-Sensitivität werden bei der Weizenallergie die Zellen der Darmschleimhaut nicht zerstört. Bei unkontrolliertem Weizenverzehr können jedoch neben den allergie-typischen, teils schweren Problemen auch die Darmflora geschädigt und in diesem Zuge die Darmschleimhaut zumindest gereizt werden. Ein konsequenter Verzicht auf weizenhaltige Nahrungsmittel ist also auch dann unerlässlich, wenn die allergischen Symptome moderat ausfallen.

Eine Allergie auf Weizen betrifft in den überwiegenden Fällen Kinder. Ein Grund dafür könnte sein, dass Kinder im Vergleich zu Erwachsenen noch eine eingeschränktere Lebensmittelauswahl haben, so dass sich hier ein noch nicht vollständig ausgereiftes Verdauungssystem mit diesen wenigen Lebensmitteln auseinandersetzen muss, die oftmals auch noch ein sehr hohes allergenes Potenzial aufzeigen. Aus dem gleichen Grund sind bei Kindern auch gehäuft Allergien auf Kuhmilcheiweiß zu beobachten. Interessant ist, dass sich diese kindlichen Nahrungsmittel-Allergien häufig unter einer strengen Karenz bis etwa zum Schuleintritt zurück entwickeln und anschließend vorsichtig und in kleinen Mengen die ehemals problematischen Lebensmittel wieder verzehrt werden können, was sich im Umkehrschluss auf das reifende Verdauungssystem und eine umfangreicher werdende Nahrungsmittelpalette zurückführen lassen könnte. Solche »Heilungen« sind bei Allergien von Erwachsenen nicht zu beobachten.

Zu bedenken geben möchte ich abschließend folgendes: Der Weizen ist in seiner in den letzten 5 bis 6 Jahrzehnten hochgezüchteten Form ein relativ unbekömmliches Nahrungsmittel geworden – insbesondere durch seinen im Vergleich zu der Ursprungsform rasant gestiegenen Glutengehalt. Ihn gänzlich zu meiden, ist bei einer Zöliakie und einer Weizenallergie natürlich zwingend erforderlich, und auch bei einer Gluten-Sensitivität müssen Weizen und andere glutenhaltige Getreidesorten weitestgehend minimiert werden.

Aber auch Menschen, die scheinbar (noch) keine Probleme mit dem Weizen haben, sollten überlegen, ob ein potenziell allergen oder in vielen anderen Weisen unbekömmlich oder sogar krank machend wirkendes Nahrungsmittel in den Mengen konsumiert werden sollte, wie es bei uns leider in immer höherem Maße üblich wird. Hier trägt leider auch die Nahrungsmittel-Industrie eine hohe Mitschuld, denn Weizen und Weizenbestandteile, die zudem als Vollkornvariante den Ruf eines »gesunden« Nahrungsmittels haben, finden als billige Zutat in so gut wie allen Nahrungsmittel-Gruppen ihren Einsatz.

Dies könnte auch ein Grund sein, warum die Weizenallergie neben der oben angesprochenen Erkrankung im Kindesalter in letzter Zeit auch mehr und mehr bei Erwachsenen zu beobachten ist. Es ist bekannt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen einem einseitig und in großer Menge verzehrten Lebensmittel und dem Auftreten der entsprechenden Allergie. Dadurch, dass Weizen in industriellen inzwischen Produkten allgegenwärtig ist und unsere Nahrung immer einseitiger und immer weizenhaltiger wird, lässt sich ein Verzehr nur mit einer sehr bewussten Ernährungsweise vermeiden oder zumindest auf ein verträgliches Maß minimieren. So verwundert es nicht, dass Weizenallergien im Vormarsch sind.

Ein in diesem Zusammenhang empfehlenswertes Buch ist der Titel »Weizenwampe« von Dr. med. William Davis. Er kommt hier zwar sehr dogmatisch zu dem Fazit, dass Weizen IMMER schädlich sei, und empfiehlt einen generellen Verzicht. Zu dieser Schlussfolgerung möchte ich in dieser Ausschließlichkeit so nicht kommen, jedoch sind die Hintergründe, die in diesem Buch geschildert werden, auf jeden Fall interessant. Vor allem aber regen die Gedanken, die Davis sich über den Weizen macht, zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit diesem Nahrungsmittel an. Lesen Sie hierzu bitte auch meine Buchrezension.







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Weiterhin empfehle ich Ihnen die Tutorials zur
Abgrenzung zwischen Allergien und Unverträglichkeiten




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