Die Entdeckung des Penicillins durch Alexander Fleming im Jahr 1928 war ein Segen:
konnten doch bakterielle Infektionen, die nicht selten mit dem Tod endeten, mit
diesem Medikament nun wirksam bekämpft werden.
Dieses erste, aus einem Schimmelpilz gewonnene Antibiotikum hat mittlerweile
zahlreiche verschiedene Nachfolger erhalten. Die Pharmafirmen stellen viele
Antibiotika her, die zum Teil recht speziell gegen einen bzw. wenige Erreger
wirken oder aber als sogenannte Breitbandantibiotika eine große Streuwirkung
gegen sehr viele Bakterienarten entwickeln.
Der Name Antibiotikum ergibt sich aus den griechischen Begriffen »anti«
(gegen) und »bios« (Leben), was die Wirkung verdeutlicht: Antibiotika
richten sich gegen lebende Keime und töten sie ab. Dabei wird nicht immer
unterschieden, ob es sich um krankheitserregende Keime handelt oder aber vielleicht
auch um nützliche Bakterienstämme.
Gute und schlechte Bakterien
Unser Körper ist auf den gesamten Körperoberflächen wie der uns umhüllenden Haut,
den Schleimhäuten in Lunge, Blase, Urogenitaltrakt und den Verdauungstrakt vom
Mund durch Magen und Darm von Bakterien besiedelt. Die meisten davon sind sehr
nützlich für uns: Sie schützen unsere Haut und Schleimhäute und unser Verdauungssystem
allein durch ihre Präsenz und Masse vor der Besiedelung mit schädlichen Krankheitserregern
und hindern sie so am Eindringen ins Körperinnere. Diesen Mechanismus nennt man
Kolonisationsresistenz. Je mehr Plätze durch nützliche Bakterien besetzt sind,
desto weniger Platz ist für schädliche Krankheitserreger, die sich so kaum fortpflanzen
können. Darüber hinaus helfen uns die Bakterien, die im Darm »wohnen«
(Darmflora, intestinale Mikrobiota oder Mikrobiom), bei der Verdauung ansonsten
nicht nutzbarer Nahrungsbestandteile. Auch unser Immunsystem und somit unsere
Gesundheit ist zum allergrößten Teil von einer intakten Darmflora abhängig.
In einem so genannten »Mausmodell«, in dem man die Darmflora von Mäusen
komplett vernichtet hatte, waren die Tiere nicht mehr lebensfähig und starben
schon nach kurzer Zeit. Natürlich ist das Mausmodell nicht 1:1 auf den Menschen
übertragbar. Tatsache ist aber, dass eine »schlechte« Darmflora immer
auch für mehr oder weniger schwere Erkrankungen (mit)verantwortlich ist.
Diese Nützlinge gilt es zu pflegen und zu erhalten – das Abtöten durch
Antibiotika hätte fatale Folgen und auch schon das Entgleisen der gesunden Balance
zwischen »gut« und »böse« kann die Entstehung ernster Erkrankungen
begünstigen. Wegen der Bedeutung der Qualität unserer Darmflora sollen im Folgenden
die Wirkungen von Antibiotika insbesondere im Hinblick auf den Einfluss auf die
Darmflora betrachten werden.
Antibiotikagruppen
Jedes Antibiotikum hat seine ganz eigenen Einsatzgebiete: Ist der Krankheitserreger
bekannt, kann auch ein ganz spezielles Antibiotikum gegen genau diese Keimgruppe
eingesetzt werden mit dem Vorteil, dass die meisten anderen Bakterienarten so
weit wie möglich geschont werden. Es lässt sich jedoch nicht vermeiden, dass auch
hier immer die guten Bakterien zu einem gewissen Grad beeinträchtigt werden.
Ist der Krankheitserreger nicht bekannt oder nimmt sich ein behandelnder Arzt
nicht die Zeit, den Erreger zuvor mit geeigneten Tests zu bestimmen, werden
Breitbandantibiotika verschrieben, die nach »Rasenmähermanier« möglichst
viele Bakterienspezies abtöten bzw. dezimieren. Gerade diese Mittel aber verschlechtern
besonders drastisch die Balance unserer Darmflora, denn die Schädlinge sind meist
wesentlich robuster als die nützlichen Keimarten, die oft eher »kleine
Sensibelchen« sind.
In manchen Fällen lässt sich die Gabe von Breitbandantibiotika nicht vermeiden,
und wir sollten auch für diese Präparate dankbar sein. Oftmals ist es aber klüger,
zuerst einmal den Keim zu identifizieren und dann ein Mittel mit einem engeren
Wirkspektrum zu verschreiben, das dann auch pfleglicher mit unserer Darmflora umgeht.
Antibiotika in der Tiermedizin und -mast
Auch in der Tierwelt werden Antibiotika verwendet – teils, um Krankheiten
zu heilen, die sich logischerweise insbesondere in der Massentierhaltung unter
den auf engstem Raum zusammengepferchten Lebewesen rasant verbreiten können. Zum
anderen Teil werden sie auch gerade in diesen Haltungsbetrieben vorbeugend
eingesetzt, um Krankheiten erst gar nicht entstehen zu lassen. Bei einer artgerechten
Haltung, in der die Tiere genügend Platz haben und die erforderlichen Lebensbedingungen
erhalten, können sich Krankheitserreger nur sehr viel schwerer und langsamer verbreiten.
Demzufolge ist hier ein prophylaktischer Antibiotika-Einsatz überhaupt nicht erforderlich.
Es gibt ein weiteres Anwendungsgebiet von Antibiotika, nämlich als Mastförderungsmittel.
Sie können wachstumsfördernd wirken und die Darmflora eines Tieres dahingehend
verändern, dass die Entwicklung von Spezies gefördert wird, die auch noch eigentlich
unverdauliche Nährstoffreste verarbeiten. So wird dem Stoffwechsel des Tieres mehr
Energie verfügbar gemacht, und die Tiere werden größer und schwerer. Der Einsatz von
Antibiotika als Mastmittel ist zwar eigentlich vom Gesetzgeber verboten, wird aber
von den »Fleischerzeugern« flugs als Infektionsprophylaxe deklariert,
so dass Gesetze ausgehebelt und der für die Hersteller angenehme Nebeneffekt der
Gewinnmaximierung genutzt werden kann. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um
Rind-, Schwein- oder Geflügelfleisch oder auch um Fisch aus so genannten Fischfarmen
oder Aquakulturen handelt.
Dass diese Substanzen auch nach dem Schlachten im Fleisch verbleiben und wir als
Konsumenten dadurch ständig – wenn auch zugegebenermaßen nur in sehr kleinen
Mengen – Antibiotika mit der Nahrung zu uns nehmen, wird dabei billigend in
Kauf genommen.
Auswirkungen von Antibiotika auf unsere Gesundheit
Durch die ständige Kontaminierung kommt unsere Darmflora je nach Art und Menge
der verzehrten Nahrung fortgesetzt mit Antibiotika in Kontakt – und wie
bereits erwähnt, sind es hier gerade die sensiblen nützlichen Darmbakterien, denen
dadurch in unserem inneren Ökosystem das (Über-)Leben schwer gemacht wird. Kein
Wunder also, dass zahlreiche Krankheiten immer mehr zunehmen, weil unser eigenes
Immunsystem nicht mehr richtig funktionieren kann. Diverse Erkrankungen werden
wahrscheinlich sogar durch eine desolate Darmflora überhaupt erst verursacht –
wie derzeit in vielen Studien bewiesen werden soll und sicherlich wird.
Bitte lesen Sie auch den Beitrag »
Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten«.
Fatal ist auch, dass sich gerade die schädlichen Darmkeime an die Antibiotika
gewöhnen und so genannte Resistenzen entwickeln können. Dies bedeutet, dass einige
dieser Keime nicht mehr auf Antibiotika ansprechen und mit diesen Mitteln behandelt
werden können. Die Medizin hat zwar viele verschiedene antibiotische Substanzen
zur Verfügung, es gibt aber heute schon einige multiresistente Keime, die auf gar
keine Antibiotikagruppen mehr reagieren. Das ist verhängnisvoll für all jene
– vor allem ältere – Menschen, deren Organismus bereits von Vorerkrankungen
geschwächt ist und sich nicht mehr aus eigener Kraft gegen diese Keime wehren
kann. Die Forschung bemüht sich zwar, immer neue Stoffe zu entwickeln, die auch
diese Keime bekämpfen können, aber leider sind die Bakterien, die ja immerhin
die älteste Lebensform auf unserer Erde sind, unseren Wissenschaftlern immer eine
Nasenlänge voraus. Mindestens ebenso schnell, wie neue Substanzen gefunden werden,
entwickeln die verschiedenen Keime auch gegen diese Stoffe Mechanismen, um (uns)
zu überleben.
Daten und Fakten
Bitte lassen Sie sich einige Daten auf der Zunge zergehen, die Auskunft über den
Verbrauch von Antibiotika geben:
Allein für Deutschland wird der jährliche Verbrauch von Antibiotika in den
verschiedenen Quellen mit 1.000 bis sogar 2.300 Tonnen angegeben. Etwas mehr als
die Hälfte davon entfällt dabei auf die Humanmedizin, der Rest auf die Tiermedizin
und -mast. Die Mengenangaben in Literatur und seriösen Internetbeiträgen schwanken
naturgegeben stark, denn oftmals werden Schätzwerte mit einbezogen, die die hohe
Dunkelziffer ausgleichen sollen. Nachprüfbar ist dies ohne größeren Aufwand nicht,
die Größenordnungen allein reichen aber durchaus, um uns das Fürchten zu lehren!
Weltweit wurden lt. einer Studie der Tierschutzorganisation PETA (People for the
Ethical Treatment of Animals) im Jahr 2010 insgesamt 63.000 Tonnen Antibiotika
in der Tierzucht und -mast verwendet!
Ebenfalls von PETA stammt die Angabe, dass im Jahr 2015 bei der Produktion eines
jeden Kilogramm Fleisch 172 mg Medikamente verwendet wurden!
Noch einmal zur Erinnerung: Ein Teil dieser Tausenden von Tonnen bei der Produktion
verwendeten Antibiotika verbleibt nach dem Schlachten im Fleisch, und wir verzehren
sie mit unserer täglichen Nahrung. Sie gelangen in unser Verdauungssystem, so
dass die Darmflora ständig damit kontaminiert wird!
Wann sind Antibiotika erforderlich?
In vielen Fälle ist es – und hier spreche ich jetzt von der Humanmedizin
– überhaupt nicht erforderlich oder sogar regelrecht falsch, ein Antibiotikum
zu verabreichen. Leider immer noch viel zu häufig sind es Ärzte, die für eine
detaillierte Diagnose zu wenig Sorgfalt walten lassen – sei es aus Zeitgründen
oder aber auch, weil die Vergütungspraxis der Krankenkassen ein solches Verhalten
begünstigt. Oftmals ist es aber auch der Patient selbst, der voreilig darauf
drängt, ein antibiotisches Medikament verschrieben zu bekommen.
In der heutigen Arbeitswelt, deren Klima immer rauer wird, sehen sich Arbeitnehmer
bedauerlicherweise oft gezwungen, sich nicht die Ruhe zu gönnen, die der erkrankte
Körper unmissverständlich einfordert, und gehen trotz Erkältungserkrankungen weiter
zur Arbeit. Zuvor erbitten sie beim Arzt schnellste Hilfe und bedrängen den Mediziner,
ihnen Antibiotika zu verschreiben. Dass sie damit die Heilung in der Regel kaum
beeinflussen können, ist den wenigsten bewusst. Und darüber, dass sie –
abgesehen von der Ansteckungsgefahr für ihre Arbeitskollegen – ihrem Körper
einen Bärendienst erweisen, weil die Darmflora geschädigt und damit das Immunsystem
beeinträchtigt wird, wissen auch nur wenige Bescheid.
Die allermeisten Erkältungserkrankungen werden durch Viren verursacht, und gegen
Viren kann kein Antibiotikum etwas ausrichten. Erst, wenn sich zusätzlich zu den
viral hervorgerufenen Erkrankungen bakterielle Besiedelungen (beispielsweise in
Form von vereiterten Rachenmandeln) gesellen, ist eine Antibiose sinnvoll, wenngleich
auch hier nicht immer sofort erforderlich. Auch in solchen Fällen kann man manchmal
abwarten, ob sanftere Mittel und Maßnahmen nicht auch zu einem Abheilen führen.
Es gibt – wie bereits oben erwähnt – Erkrankungen, bei denen eine
Antibiose lebensrettend und unumgänglich ist. Jede bakteriell hervorgerufene
Lungenentzündung, Blinddarmentzündungen und viele andere Erkrankungen, an denen
man vor der Entdeckung des Penicillins noch sehr häufig starb, sind heute mit einem
Antibiotikum relativ leicht zu heilen. Auch bei vielen Operationen –
insbesondere großen Bauch- oder Herz-OPs oder auch bei dem Einsatz von Endoprothesen
wie z.B. einem künstlichen Hüftgelenk – kann es sinnvoll sein, sogar vorbeugend
Antibiotika zu verabreichen, so dass sich schwerwiegende Infektionen gar nicht
erst entwickeln können.
Bitte beraten Sie sich immer mit Ihrem Arzt, der diese verschreibungspflichtigen
Medikamente ohnehin verordnen muss – ob und wann die Einnahme eines Antibiotikums
erforderlich ist oder eben auch nicht. Sie dürfen und sollten eine solche Verordnung
durchaus kritisch hinterfragen.
Und nicht nur Art und Wirkspektrum des Antibiotikums sollten ggf. klug ausgewählt
werden, es sollte auch geprüft werden, ob ein solches Medikament nicht örtlich
angewandt werden kann. Injizierte und oral eingenommene Antibiotika wirken überall
im Körper – es gibt kein auf diese Art verabreichtes Mittel, dass erkennen
kann, an welcher Stelle es wirken soll und an welcher Stelle nicht. Zahnärzte
beispielsweise verschreiben gerne bei einer Zahnsanierung und Parodontitisbehandlung
gleich ein Antibiotikum – und zwar meist zum Einnehmen. Bedenken Sie bitte,
dass diese Mittel auch immer Ihre Darmflora beeinträchtigen. Sinnvoller und sehr
gut machbar wäre hier die lokale Anwendung, d.h. die Verwendung von keimhemmenden
Spül- und Gurgellösungen, die Entzündungskeime an Zahnfleischrändern und -taschen
fast ausschließlich örtlich bekämpfen. Hier gerät nur ein winziger Teil der
Wirksubstanzen in das Verdauungssystem und kann so nur den geringstmöglichen
Schaden anrichten.
Es lohnt sich also, (gemeinsam mit dem Arzt) nachzudenken, ob, wann und in welcher
Weise eine Antibiose wirklich erforderlich ist.
Alternativen zu Antibiotika
Wie in unserer Darmflora, in der sich im günstigsten Falle eine gesunde Balance
zwischen »gut« und »böse« eingependelt hat (wobei die Nützlinge
immer einen sehr viel größeren Platz einnehmen als die Schädlinge), geht es immer
und auf jedem Quadratzentimeter unserer Körperoberflächen um einen Kampf zwischen
nützlichen und schädlichen Bakterien.
Mit der Verabreichung von Antibiotika werden im günstigsten Falle tatsächlich
zunächst die Krankheitserreger dezimiert. Dass dabei sozusagen als
»Kollateralschaden« zu einem (meist) mehr oder (selten) weniger großen
Teil auch die guten Keime vernichtet werden, wird dabei noch viel zu wenig beachtet.
Die Folge ist, dass die guten Spezies, die ja schließlich die schlechten allein
durch ihre Überzahl in Schach halten sollen, ihre angestammten Plätze nicht mehr
verteidigen können. So kann sich die auch nach der sorgfältigsten Antibiose immer
noch vorhandene Restpopulation von Krankheitserregern rasch wieder vermehren.
Und hier sind es verhängnisvollerweise dann auch vermehrt diejenigen, die unempfindlicher
gegenüber den angewandten Antibiotika sind, so dass sich die resistenten Stämme
überproportional entwickeln können. Dies kann der Beginn eines Teufelskreises sein:
Immer weniger gute Bakterien können sich einer schnell wachsenden Anzahl von
Krankheitserregern nicht mehr (genügend) entgegenstellen, und die Erkrankung bricht
erneut aus.
Auf jeden Fall aber kann es bis zu mehrere Monate dauern, bis sich die aus der
Balance geratene Darmflora wieder vollständig und stabil regeneriert. Wird in
dieser Zeit eine weitere Antibiose erforderlich, bedeutet dies unweigerlich den
Auftakt zu einer verhängnisvollen Abwärtsspirale, denn dann ist bei jeder erneuten
Behandlung, die eingeleitet wird, bevor sich die Darmflora wieder eingependelt hat,
bereits das Anfangsniveau niedriger und die Verschlechterung der Qualität noch
gravierender.
Nachdem leider auch bis heute noch viel zu viele Krankheiten nach diesem Schema
mit Antibiotika behandelt werden, schauen modern und ganzheitlich denkende Ärzte
heute in geeigneten Fällen in die entgegengesetzte Richtung: sie stärken mit der
Gabe von so genannten Probiotika die Verteidigungslinie der Darmflora. Die Bezeichnung
Probiotika leitet sich aus dem lateinischen »pro« (für) her, und
»bios« steht – wir kennen das schon – für Leben. Ein
Probiotikum enthält einen oder auch mehrere lebende Bakterienarten, die auch in
einer gesunden Darmflora vorkommen. Mit der Gabe eines solchen Probiotikums kann
die Qualität der Darmflora verbessert werden, und die nun vermehrt vorhandenen
Nützlinge können mit vereinten Kräften die Schädlinge zurückdrängen.
Eingenommene probiotische Keime siedeln sich nicht dauerhaft in unserer Darmflora
an, sie sind als so genannte passagere Keime nur für einen begrenzten Zeitraum
von einigen wenigen Tagen oder Wochen in unserem Darm aktiv und werden dann
ausgeschieden. Unsere eigene Darmflora – die obligate Darmflora – geht
jedoch aus dieser Aktion gestärkt hervor, denn die eigenen guten Keime können
sich mit dieser »Schützenhilfe« schon in diesem begrenzten Zeitraum
schneller und besser vermehren.
Unterstützen können wir die Vermehrung mit den so genannten Präbiotika
(»prae« bedeutet im Lateinischen vor). Diese Substanzen sind eigentlich
für unser Verdauungssystem unverdaulich und gelangen deshalb in den Dickdarm, in
dem der allergrößte Teil der Darmflora angesiedelt ist. Dort dienen sie vorrangig
den nützlichen Bakterienspezies als Futter, so dass diese sich schneller vermehren
können und sich die Qualität der Darmflora verbessern kann. Präbiotische Substanzen
werden übrigens keineswegs nur als Präparate angeboten, sondern sind natürlicherweise
in vielen Lebensmitteln enthalten: Alle als ballaststoffreich bekannten Nahrungsmittel
wie Vollkornprodukte, Obst und Gemüse enthalten diese eine gesunde Darmflora
fördernden Bestandteile.
Selbstverständlich eignet sich die Einnahme von Pro- und Präbiotika nicht zur
Behandlung einer jeden Erkrankung, aber schon jetzt sind zahlreiche Einsatzgebiete
bekannt. Und es werden auf lange Sicht immer mehr werden, denn die Forschung an
unserem Mikrobiom nimmt einen immer größeren Raum ein und macht rasante und vor
allem interessante Fortschritte.
In vielen Fällen können statt der allopathischen – also im Labor hergestellten
– Antibiotika auch die natürlichen Antibiotika eine gute Alternative sein.
Diese meist pflanzlichen Substanzen können, wenn sie richtig eingesetzt werden,
zum Teil ebenso potente Wirkungen entfalten wie die pharmazeutischen Präparate.
Immerhin ist ja auch das Ursprungsantibiotikum Penicillin eine natürliche Substanz
aus Schimmelpilzen.
In fast allen Kulturen der Welt gibt es in den traditionellen Heilmethoden ein
Wissen über antibiotisch oder zumindest keimhemmend wirkende Pflanzen und natürliche
Substanzen. Dem Laien hingegen sind diese teils hochwirksamen, pflanzlichen Arzneien
kaum noch geläufig. Gerade mal die keimhemmende Kamille mit ihrer heilenden und
lindernden Wirkung insbesondere als Tee kennt hier bei uns so gut wie jeder. Und
dass Knoblauch antibiotisch wirkt, wissen auch noch recht viele Menschen. Dann
aber verliert sich das Wissen um heilende und antibiotisch wirkende natürliche
Substanzen meist im Dunkeln. Das ist schade, denn es gibt so viele Pflanzen, die
uns bei der Krankheitsbekämpfung unterstützen können – man muss nur darüber
Bescheid wissen, um sie im richtigen Moment einzusetzen.
Neben den Pro- und Präbiotika gibt es weitere pflanzliche Mittel, die hervorragende
Wirkungen auf die Darmflora und damit auf unsere Gesundheit haben. So können
auch die so genannten Heil- oder Vitalpilze gute Dienste leisten und in bestimmten
Fällen, wenn nicht eine Alternative, so doch zumindest eine Ergänzung zu allopathischen,
also den von den Pharmafirmen produzierten Antibiotika darstellen. Nicht nur im
Krankheitsfalle, sondern vor allem auch prophylaktisch können bestimmte Arten dieser
Pilze die Qualität der Darmflora günstig beeinflussen. Darüber hinaus sind sie in
der Lage, die Darmschleimhaut zu pflegen, die als Herberge der Darmkeime möglichst
günstige »Wohnverhältnisse« bieten soll. Insbesondere der Igelstachelbart
(Hericium erinaceus) kann in Kombination mit dem Austernpilz (Pleurotus ostreatus)
dafür sorgen, dass sich eine lädierte Darmschleimhaut regeneriert und sich die
individuelle Darmflora schneller zu einer gesunden Balance einpendelt.
Der Reishi-Pilz wirkt entzündungshemmend, so dass er gerne und erfolgreich mit
den beiden Vorgenannten bei Darmsanierungen eingesetzt wird.
Viele Erkrankungen können verhindert werden, indem prophylaktisch Pro- und Präbiotika
oder Vitalpilze eingenommen werden und so die Qualität der Darmflora zusätzlich
gestärkt wird. Beispielsweise die gefürchteten Reisedurchfälle kann man abwehren
oder zumindest deren Ausprägung abmildern, indem rechtzeitig etwa zwei Wochen vor
Urlaubsantritt und bis zwei Wochen nach der Rückkehr ein geeignetes Präparat
eingenommen wird. Aber auch die Behandlung einer bereits ausgebrochenen Reisediarrhoe
wird heute von modernen Ärzten in geeigneten Fällen statt mit Antibiotika mit
Probiotika behandelt (lesen Sie hierzu bitte auch den Beitrag
»Reisedurchfall«)
Gegenüber den allopathischen Antibiotika haben die natürlichen Präparate einen
ganz besonderen Vorteil: Die natürlichen Antibiotika gehen in den meisten Fällen
sehr viel pfleglicher mit den nützlichen Darmbakterien um, so dass sich nach
Abschluss der Antibiose die nützlichen Darmbewohner aus einer sehr viel stabileren
Grundlage wieder erholen und eventuell noch vorhandene Erreger erfolgreicher und
schneller zurückdrängen können. Die Pro- und Präbiotika fördern die Entwicklung
der nützlichen Darmbakterien, so dass Krankheitserreger sich nur sehr viel schlechter
vermehren können. Vitalpilze können darüber hinaus die Darmschleimhaut pflegen,
so dass sich nützliche Bakterien dort sehr viel wohler fühlen.
Selbstverständlich ist eine ausschließlich mit natürlichen Mitteln arbeitende
Behandlung nicht generell für alle bakteriellen Infektionen und vor allem nicht
für schwerwiegende Fälle geeignet und erhebt auch nicht den Anspruch, jeglichen
Einsatz von Antibiotika überflüssig zu machen. Es ist aber eine Möglichkeit, in
bestimmten Fällen eine Alternative zu einer Antibiose darzustellen und so die
Gesamtmenge der Antibiotika zu reduzieren.
Nicht immer sind die natürlichen Substanzen den pharmazeutischen gleichwertig,
können aber in sehr vielen Fällen wenn schon nicht alternativ, so doch ergänzend
eingesetzt werden. Dies setzt natürlich voraus, dass der Arzt über diese Möglichkeiten
Bescheid weiß. Da die Verordnung allopathischer Antibiotika ausschließlich in der
Hand der Ärzteschaft liegt und das Wissen um die natürlichen Wirkstoffe meist bei
den Heilpraktikern, werden dem Patienten in den seltensten (geeigneten) Fällen
beide Alternativen und noch seltener sinnvolle Kombinationen aus allopathischen
und natürlichen Präparaten angeboten.
Was tun im Ernstfall?
Wenn Sie ernsthaft erkrankt sind und Ihr Arzt eine Behandlung mit Antibiotika für
erforderlich hält, sollten Sie gut abwägen, ob bei einer Erkrankung tatsächlich
die Einnahme eines solchen Medikaments erforderlich ist. Ggf. diskutieren Sie
dies intensiv mit Ihrem Arzt, und nehmen Sie ein solches Präparat nur, wenn keine
anderen Alternativen zur Verfügung stehen. Außer in Notfällen sollte auch immer
die Zeit für einen Test sein, mit dem der Erregertyp bestimmt werden kann, um ein
Mittel mit einem möglichst engen Wirkspektrum auswählen zu können. Sollte die
Einnahme eines Antibiotikums wirklich erforderlich sein, sollten Sie dankbar für
diese Medikamente sein. Antibiotika zu verteufeln und generell abzulehnen, wäre
genauso schlecht wie eine zu leichtfertige Verwendung.
Bitte nehmen Sie Antibiotika immer nach Vorschrift ein. Reduzieren Sie keinesfalls
die empfohlene Dosis und auch nicht die Einnahmedauer – das würde nur dazu
führen, dass die Krankheitserreger nicht wirkungsvoll genug bekämpft werden. Eine
geringere Dosierung bringt keine Vorteile gegenüber einer höheren, sondern führt
dazu, dass Krankheitserreger überleben können. Das gleiche gilt für eine verkürzte
Einnahmedauer, zudem werden bei einem zu kurzen Einnahmezyklus Resistenzbildungen
gefördert.
Wenn Sie berufstätig sind, lassen Sie sich von Ihrem Arzt krankschreiben und gönnen
Sie Ihrem Körper ab sofort eine Ruhephase und geben Ihrem Immunsystem die Gelegenheit
zu arbeiten, so dass Sie aus eigener Kraft gesund werden können. Auch, wenn Sie
nicht berufstätig sind, sollten Sie schauen, wo und wie Sie Ihre Kräfte schonen können.
Beginnen Sie bereits ab der ersten Verwendung des Antibiotikums mit der Einnahme
eines Probiotikums. So stärken Sie die Qualität Ihrer Darmflora, so dass sich die
Balance nicht ganz so arg in Richtung »schlecht« verschieben kann.
Lassen Sie sich hier von spezialisierten Fachkräften geeignete Mittel empfehlen.
Leider müssen diese Nahrungsergänzungs-Präparate immer selbst bezahlt werden,
die Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht. Trotzdem ist der Kauf eines solchen
Mittels eine gute Investition, denn es kommt letztendlich Ihrer Darmflora und
damit Ihrer Gesundheit zugute.
Antibiotika und Probiotika müssen immer zeitversetzt geschluckt werden, denn bei
gleichzeitiger Einnahme würde jedes antibiotische Präparat die probiotischen Keime
vernichten. Dabei ist es unerheblich, ob Sie ein nur auf spezielle Bakterienarten
wirkendes oder ein Breitbandantibiotikum einnehmen, weil auch engmaschigst wirkende
Mittel zumindest zu einem kleinen Teil auf alle Keime wirkt. Halten Sie einen
Zeitversatz von mindestens zwei Stunden ein.
Wenn Sie beispielsweise im Zuge einer geplanten, größeren Operation Antibiotika
erhalten, um einer Infektion vorzubeugen, sollten Sie möglichst schon zwei Wochen
vor dem Termin, spätestens aber gleich im Anschluss die Probiotika einnehmen. Dies
gilt auch, wenn die Antibiotika per Infusion verabreicht werden. Für Ihre Darmflora
ist es unerheblich, auf welchem Wege die antibiotischen Substanzen in Ihren Körper
gelangen, sie sollte auf jeden Fall unterstützt werden.
Auch bei einer Dünndarmfehlbesiedelung – also der Überwucherung des Dünndarms
mit an sich harmlosen Dickdarmkeimen – ist eine Antibiose leider unerlässlich.
Hierbei stehen allerdings auch natürlich wirkende Antibiotika zur Verfügung
(lesen Sie hierzu bitte auch den Beitrag
»Dünndarmfehlbesiedelung
und ihre Behandlung«).
Was können wir vorbeugend tun?
Sie selbst können auch vorbeugend sehr viel dazu beitragen, dass Ihre Darmflora
möglichst gesund und Ihr Immunsystem stabil bleibt.
1. Achten Sie auf Ihre Ernährung, damit Ihre Darmflora so die besten Voraussetzungen
erhält, sich optimal zu entwickeln:
Wählen Sie möglichst frische Lebensmittel und bereiten Sie diese
schonend zu, damit möglichst viele Vitalstoffe erhalten bleiben.
Stellen Sie sich einen möglichst abwechslungsreichen Speisezettel zusammen.
Bevorzugen Sie biologisch erzeugtes Gemüse, Obst und Fleisch, um
den Schadstoffgehalt zu minimieren und wählen Sie Ihre Lebensmittel regional und
nach Jahreszeit und Anbauzyklus aus.
Reduzieren Sie einen ungesunden, hohen Fleischverzehr.
Bevorzugen Sie hochwertige, pflanzliche Öle vor tierischen Fetten.
Essen Sie sparsam und achtsam und genießen Sie Ihre Mahlzeiten bewusst.
2. Trinken Sie ausreichend! Nicht nur Ihr Geist verweigert bei Wassermangel die
Leistung, auch Ihr Verdauungssystem kann nur optimal funktionieren, wenn es genügend
Flüssigkeit erhält.
3. Bewegen Sie sich ausreichend. Wirkungsvoller als »Gewaltsaktionen«
sind kleinere, gleichmäßig über den Tag verteilte Bewegungs- und Atemübungen,
wobei nichts gegen zusätzliche, größere sportliche Aktivitäten spricht, solange
diese Ihnen Spaß machen und Sie keinen Leistungssport betreiben, da exzessiver
Sport die Qualität einer jeden Darmflora negativ beeinflusst. Bewegung und tiefe
Atmung sorgen dafür, dass die Darmmuskulatur ausreichend durchblutet wird und die
Darmmotorik angeregt wird. So können der Stuhl zügig durch den Darm transportiert
und Schad- und Giftstoffe möglichst rasch zum Ausgang befördert werden. Das
Säuremilieu pendelt sich in einem optimalen Bereich ein, so dass Darmschleimhaut
und Darmflora beste Lebensbedingungen haben.
4. Vergessen Sie auch nicht, auf Ihre Stressbelastung zu achten. Die beste Möglichkeit
wäre hier, als unangenehm empfundenen Stress zu vermeiden, dies ist aber nicht
immer möglich. Negativen Stress jedoch können Sie kompensieren, indem Sie ganz
bewusst ab und an Entspannungszeiten einplanen. Entweder können Sie hier spezielle
Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga
oder Meditation erlernen und dann zu Hause anwenden. Aber auch Sport, Tanz oder
Singen können entspannend wirken, genauso wie jedes von Ihnen mit Freude ausgeübte
Hobby. Ihr so genanntes »Bauchhirn« – also das hochempfindliche
Nervengeflecht, das Ihren gesamten Darm versorgt und steuert und das ebenso
leistungsfähig ist wie Ihr Kopfhirn, reagiert hochsensibel auf Stress. Und ein
irritiertes Bauchhirn trägt entscheidend dazu bei, dass sich die Darmflora
verschlechtert. Geben Sie also auch Ihrem Bauchhirn Gelegenheit zur Entspannung
und fördern so die Qualität Ihrer Darmflora.
5. Verzichten Sie auf Rauchen und das Trinken von Alkohol – Ihre Darmflora
raucht und trinkt mit.
Fazit
Versuchen Sie grundsätzlich zu vermeiden, dass eine Antibiose erforderlich sein
muss. Antibiotika wirken immer schädlich auf Ihre Darmflora und schwächen Ihr
Immunsystem. Dies kann dazu führen, dass Krankheiten entweder schon nach kurzer
Zeit erneut ausbrechen oder andere Erkrankungen folgen. Nehmen Sie deshalb so
selten wie möglich – günstigstenfalls überhaupt keine – Antibiotika
ein, wenn andere Alternativen zur Verfügung stehen.
Falls sich eine Antibiose jedoch nicht vermeiden lässt, sollten Sie gemeinsam mit
dem Arzt nur die am besten für diesen Fall geeigneten Mittel wählen. Nach Möglichkeit
entscheiden Sie sich für natürliche Alternativen. Nehmen Sie alle Mittel immer
genau nach Vorschrift ein. Gleichzeitig mit Antibiotika sollten Sie ein Probiotikum
einnehmen, um Ihre Darmflora auf einem möglichst hohen Niveau zu stärken.
Sie haben viele Möglichkeiten, Ihre Gesundheit zu stärken und so zu versuchen,
antibiotische Therapien zu vermeiden. Da ein sehr großer Teil Ihres Immunsystems
im Darm angesiedelt ist, bietet hier eine insgesamt darmfreundliche Lebensweise
die allergrößten Chancen.
Wenn möglichst viele Menschen möglichst wenige Antibiotika verwenden müssen und
darüber hinaus auch noch durch ihr Ess- und Kaufverhalten einer antibiotikaintensiven
Massentierhaltung den Riegel vorschieben, fördern wir alle unsere Gesundheit. Wir
verhindern dadurch auch, dass die Menschheit auf längere Sicht aussterben wird und
die Bakterien nicht nur die erste, sondern auch die letzte Lebensform auf unserer
Erde sein wird.
Lesen Sie bitte auch folgende Beträge:
Grundsätzliches über die Darmflora
Dünndarmfehlbesiedelung und ihre Behandlung
Reisedurchfall
Wie finde ich einen qualifizierten Arzt?
Darmgesundheit
Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten
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