Was ist das eigentlich – Entspannung? Wenn wir sagen, wir müssten uns entspannen,
meinen wir nicht nur die Entspannung unserer Muskeln, sondern auch die Entspannung
unseres Nervenkostüms. Beides hängt eng zusammen. Es reicht nicht, nur körperlich
zu entspannen, wir müssen gleichzeitig auch unseren Geist entspannen, um uns
wirklich wohl zu fühlen. Und nebenbei: Entspannung wirkt sich auch auf das
Verdauungssystem aus. Viele Verdauungsprobleme werden genz entscheidend positiv
beeinflusst, wenn Körper und Geist insgesamt entspannt sind. Aus diesem Grunde lohnt
es sich vor allem auch für Menschen mit Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, dem Reizdarm-Syndrom,
einer Dünndarmfehlbesiedelung oder sonstigen, unklaren Verdauungsproblemen, diesem Thema
besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Was ist Entspannung?
Entspannung ist das Gegenteil von Anspannung. Man kann die Muskeln einzelner Körperteile
(z.B. der Arme oder der Hände) anspannen. Lässt man diese Muskeln wieder locker,
entspannt man den entspechenden Körperteil.
Man kann sich aber auch insgesamt angespannt fühlen – und hier sind es eher
die Nerven, die angespannt und gestresst sind. Stress – gemeint ist hier der
negative, der sogeannte »Disstress« – ist nichts anderes als eine
Anspannung der Nerven, wobei Anspannung hier in übertragenem Sinne gemeint ist,
denn die Nervenfasern an sich sind natürlich nicht wirklich angespannt. Eine solche
nervliche Anspannung wirkt sich auch auf die Körpermuskulatur aus: wir ziehen die
»Schultern zu den Ohren«, strecken den Hals nach vorne, beißen die Zähne
aufeinander und atmen viel zu flach, weil unsere Bauchdecke verspannt ist und keine
tiefe Atmung zulässt.
Entspannen kann man sowohl seine Muskulatur als auch seine Nerven, und das Schöne
dabei ist, dass sich das eine auf das andere auswirkt. Sind die Muskeln entspannt,
wirkt dies auch beruhigend auf die nervliche Verfassung. Und wenn wir unseren Geist
entspannen, entkrampfen wir auch unsere Muskeln.
Warum ist es wichtig, sich zu entspannen?
Im Gegensatz zum Disstress, also dem negativen Stress, ist positiver Stress, der
sogenannte »Eustress«, lebenswichtig. Ohne eine gewisse Anregung könnten
wir nicht leben, uns nicht weiter entwickeln. Erst wenn Körper, Geist und Seele
Impulse aufnehmen, werden wir angeregt und haben Freude am Leben. Eustress ist
unsere Lebenselexier.
Wenn der Druck jedoch zunimmt, und wir diesen nicht mehr als positiv und anregend,
sondern als negativ, belastend und (er)drückend empfinden, wirkt sich Stress
hemmend und gesundheitsschädlich aus. Nicht nur unser Wohlbefinden leidet, Stress
hat auch echte körperliche Folgen, denn jedes unserer Organe inklusive unserer Verdauung
wird durch diesen Stress beeinträchtigt.
Für unsere Vorfahren, die noch »echten« Gefahren ausgesetzt waren, waren
diese körperlichen Reaktionen lebenswichtig. Begegnete ihnen eine Gefahr –
beispielsweise ein Säbelzahntiger, hatten sie nur zwei Möglichkeiten: so schnell
wie möglich weglaufen und sich in Sicherheit bringen oder aber – sofern sie
gerade Waffen zur Verfügung hatten – anzugreifen und zu kämpfen. Dazu mussten
lebensrettende Körperfunktionen wie u.a. die Mobilisierung von Kraftreserven
aktiviert werden, unwichtige Funktionen wie z.B. die Verdauung konnten zur
Ressourcenschonung heruntergefahren werden. Für beide Vorgänge sind Stresshormone
erforderlich, die die Organsteuerung übernehmen. Glukose wird aus der Leber freigesetzt,
um die großen (Bein)Muskeln mit Energie zu versorgen, und Atmung und Pulsschlag
werden beschleunigt. Die Versorgung des Gehirns mit Energie wird im Gegenzug
heruntergefahren – komplexe Denkvorgänge sind nicht wichtig, wenn die Hormone die
automatische Steuerung übernehmen. Auch die Verdauung wird verlangsamt, den sie
ist in diesem Moment zum Überleben nachrangig – die Ernergie wird an anderen
Stellen benötigt.
Die Stresshormone werden durch die körperliche Aktivität (Weglaufen oder Angreifen)
abgebaut, so dass sich die Körperfunktionen normalisieren, sobald die Gefahr vorüber
ist.
Glücklicherweise begegnen uns heute keine Säbelzahntiger mehr, aber unser Körper
reagiert noch genauso, wie vor vielen tausend Jahren: Stresshormone werden immer
noch reichlich ausgeschüttet, wenn wir eine Situation als bedrohlich empfinden.
Dies mag z.B. »nur« der schimpfende Chef sein, kann aber auch jede
unnötige Überflutung mit den verschiedensten Reizen und vieles mehr sein. Fatal
ist, dass es keinen guten Eindruck macht, wenn wir vor unserem Chef weglaufen,
und noch viel weniger, wenn wir ihn angreifen. Wir erstarren eher zur Salzsäule
und geben unserem Körper keine Gelegenheit, die ausgeschütteten Stresshormone
durch Bewegung abzubauen.
Wenn wir nun abends nach Hause kommen, lähmen die Stresshormone weiter Geist und
Verdauung. Trotzdem haben wir Hunger und plündern den Kühlschrank, um die
Energiereserven aufzufüllen. Insgesamt fühlen wir uns wie gerädert. Die beste
Methode, den Stress abzubauen wäre, eine Runde ums Karree zu joggen oder sich auf
das Fahrrad zu setzen. Leider hindert uns jedoch der mit den Stresshormonen gut
gefütterte, innere Schweinehund daran, und wir fallen aufs Sofa und tun nichts
dergleichen. Die Stresshormone oder deren Reste verbleiben in unserem Körper –
und wenn sich solche Ereignisse täglich wiederholen, trägt unser Organismus auf
Dauer Schaden davon. Stressbedingte Erkrankungen wir Herzinfarkte, Schlaganfälle,
Übergewicht, Diabetes und viele andere sind die Folgen.
Ein Sonderfall: die Corona-Pandemie
Eine wirkliche Bedrohung stellt in der heutigen Zeit die Corona-Pandemie dar, und sie wird auch
von den meisten Menschen als eine solche empfunden. Egal, ob es sich um all die Menschen handelt,
die sich tagesaktuell mit Hilfe der zahlreichen Fernsehbeiträge und Podcasts der Wissenschaftler
über die Hintergründe und Zusammenhänge der Infektionsgefahren mit dem SARS-CoV-2 Virus informieren
oder aber auch all diejenigen Menschen, die an die diversen Verschwörungstheorien glauben und
dann eben dies als Bedrohung ihrer persönlichen Bedürfnisse betrachten.
Unerheblich davon, ob man sich auf realem Boden oder aber in einer fiktiven »Informationsblase«
bewegt – immer stellt diese Krise einen enormen Stress dar. Derzeit gibt es kaum ein anderes Thema,
was die Menschen in diesem Maße beschäftigt.
Für alle Menschen bedeutet diese Krise eine eklatante Änderung der bisherigen Lebensgewohnheiten. Dabei ist es
unerheblich, ob diese Änderungen aufgrund tatsächlicher, einsehbarer Erfordernisse oder aber aufgrund von
fiktiven (für diese Menschen aber durchaus realen) Gegebenheiten notwendig geworden sind.
Für einige bedeutet es »nur« Änderungen in Bezug auf die Arbeit: vielleicht muss man, statt ins Büro
zu gehen, im Homeoffice arbeiten. Für Alleinstehende ist dies vielleicht kein ausgeprägtes Problem. Wenn aber
Kinder im Haushalt leben, die nicht zur Schule oder in die Kita gehen können, weil diese Einrichtungen geschlossen
sind, und die »nebenbei« beschult oder beschäftig werden müssten, ist dies ein kaum zu bewältigendes Problem.
Auch alte und pflegebedürftige Angehörige, die in Einrichtungen leben und nun zum Schutz vor Ansteckung nicht mehr
besucht werden dürfen, stellen eine enorme Belastung dar: wie fühlen sich die Lieben, wenn man ihnen nicht mehr
nahe sein darf und auf dieser – eventuell einzigen Ebene – Vertrauen vermitteln darf? Dieses Dilemma
stellt eine enorme seelische Belastung dar – nicht nur für die Pflegebedürftigen, sondern auch für die Angehörigen.
Überhaupt stellt das verordnete und notwenige »Social Distancing« für jeden – egal, ob Jung oder Alt –
ein großes Problem dar, das man erst jetzt, wo die sozialen Kontakte auf ein äußerstes Minimum reduziert (oder sogar gänzlich
beschnitten) sind, wirklich wahrnimmt. Hat man bisher das Zusammensein mit Kindern und Eltern oder die Treffen mit Freunden
als selbstverständlich hingenommen, darf man dies nun aus (zumindest für die meisten) nachvollziehbaren Gründen nicht mehr. Erst
jetzt wird deutlich, wie wichtig diese Nähe zu und mit anderen ist. Und noch schlimmer wird die Situation, da man nicht wirklich
weiß, wie lange dies noch erforderlich sein muss. Es nützt ja nichts, die Restriktionen aufzuheben, wenn die Reproduktionsrate
des Virus sinkt und damit die Zahl der Erkrankungen. Sobald man die Verbote aufhebt, schnellen die Ansteckungen wieder nach oben.
Diese Unberechenbarkeit belastet, denn es ist klar, dass das Social Distancing bis zur Verfügbarkeit eines erprobten Impfstoffes
aufrechterhalten werden muss.
Eine ganz besondere Bedrohung bedeutet es, wenn aufgrund der von der Regierung notwendigerweise erlassenen Restriktionen die
Einkommensquellen minimiert werden oder sogar ganz versiegen. Sei es, dass der Arbeitgeber Kurzarbeit anmeldet und so das
Einkommen sinkt, oder man sogar gleich entlassen wird. Wenn man jedoch als Selbstständiger keine Aufträge mehr bekommt oder
aufgrund der Art der Tätigkeit gar nicht mehr arbeiten darf, ist die Existenz in Gefahr – eine der größten Bedrohungen,
die ein Mensch empfinden kann.
Alle diese Bedrohungen bedeuten Dauerstress, der sich ohne entsprechende Gegenmaßnahmen sehr negativ auf die Gesundheit auswirken kann.
Aus diesem Grunde ist es (überlebens-)wichtig, sich klarzumachen, welches Gewicht die Situation für einen persönlich hat und ob und
welche individuellen Gegenmaßnahmen es gibt. Bitte lesen Sie hierzu auch den Beitrag
»
Verdauung in der Corona-Krise«.
Stressmanagement
Mit ein wenig Nachdenken können wir viele Stressereignisse vermeiden. Einige aber
lassen sich nicht immer verhindern (wie eben die Corona-Pandemie, deren Auswirkungen und deren Dauer wir nicht in der Hand haben).
Umso wichtiger ist es, Stress zu kompensieren, um ihn mit einem vernünftigen Stressmanagement zumindest zum Teil unschädlich zu machen.
Je mehr Stress Sie haben und nicht vermeiden können, desto mehr sollten Sie darauf
achten, ihn auf körperlicher und auch auf seelischer Ebene abzubauen.
Bewegung
Zuerst einmal sollte man sich so viel wie möglich bewegen, denn Bewegung baut
Stresshormone ab. Suchen Sie sich die zu Ihnen passende Sportart aus, denn Spaß
machen sollte die Bewegung auf jeden Fall (lesen Sie hierzu bitte auch den Beitrag
»
Bewegung und Sport«).
Wird Sport übertrieben oder als gar
Belastung empfunden, erzeugt dies zusätzlichen Stress – Sie erweisen sich
also einen Bärendienst. Ggf. reicht nach einem stressigen Tag auch ein ausgiebiger
Spaziergang – das entspannt nicht nur die Muskulatur, Sie können dabei auch
die Seele baumeln lassen und sich mental entspannen.
Atemtechniken
Ganz wichtig zur Entspannung ist auch das korrekte Atmen. Nicht nur der Brustkorb
ist dabei der Atemraum, wir können auch tief in den Bauch hinein atmen. Dieses
tiefe Luftholen und natürlich auch das sorgfältige Ausatmen versorgt uns zum
einen mit viel lebenswichtigem Sauerstoff. Zum anderen aber fördert es die Durchblutung
aller Muskeln und durch die Aktivität des Zwechfells auch eine gesunde Verdauung
(lesen Sie hierzu bitte auch den Beitrag »
Atem und Verdauung«).
Nur mit gesundem tiefen Atmen können Stresshormone abgebaut und ausgeschieden und
alle Abfallprodukte unseres Stoffwechsels entsorgt werden.
Lesen Sie hierzu gerne auch den Beitrag »
Verdauung in der Corona-Krise«,
in dem einige Atemübungen und eine Dehnungsübung mit Zeichnungen erklärt sind. Diese eignen sich nicht nur in der Corona-Krise,
sondern helfen generell, Ängsten und Stress entgegenzuwirken und die Entspannung zu unterstützen.
Akupressur und Klopftechnik
Hilfreich zur Entspannung kann gerade für Menschen mit Verdaungsproblemen auch die Akupressur sein.
Wahrscheinlich hat jeder schon einmal von der der Akupunktur gehört, einer in der Traditionellen
Chinesischen Medizin (TCM) verankerten Methode. Dabei werden feine Nadeln in bestimmte Punkte auf
unserer Körperoberfläche gestochen, um den Energiefluss zu harmonisieren oder auch um die Produktion
körpereigener Stoffe zu produzieren. Für die Selbstanwendung zu Haus empfiehlt es sich, geeignete Punkte
aufzufinden und mit den Fingern zu pressen (Akupressur) oder auch zu klopfen (Kopftechnik).
Auf diese Weise können ähnliche Effekte erzielt werden wie bei der Akupunktur, ohne jeweils einen
Therapeuten aufsuchen zu müssen. Lesen Sie hierzu auch den Beitrag »
Akupressur
zur Beeinflussung von Magen-/Darmproblemen«.
Schlafhygiene
Damit wir uns im Schlaf wirklich entspannen können, müssen einige wichtige Faktoren
berücksichtigt werden. Dies nennt man »Schlafhygiene«.
Zuerst einmal benötigen wir
ausreichend Schlaf, was jedoch für den einen
ausreichend ist, kann für den anderen bereits zu viel oder aber auch zu wenig sein.
Erwachsene sollten im Schnitt täglich 7-8 Stunden schlafen, um sich regenerieren
zu können. Über- oder unterschreitet man diese Zeitspanne nennenswert und dauerhaft,
kann dies ebenfalls zu Stress führen.
Weiterhin sollte das Schlafzimmer
gut belüftet sein. Es sollte nicht zu
kalt und nicht zu warm sein – die optimale Temperatur beträgt im Allgemeinen
zwischen 18 und 19°C.
Bett und Bettzeug müssen ebenfalls den Bedürfnissen angepasst sein: Sowohl
eine zu harte als auch eine zu weiche Unterlage sind nicht schlafförderlich. Auch
Kissen und Decke sollten als angenehm empfunden werden – weder zu warme noch
zu dünne Decken und Kissen sind schlafförderlich. Die Bezüge müssen ausreichend
Schweiß aufsaugen – Naturfasern ist hier auf jedem Fall der Vorzug vor
Kunstfasern zu geben.
Das Schlafzimmer sollte möglichst
weitgehend abgedunkelt sein, um den
natürlichen Schlaf-/Wachrhythmus nicht zu beeinträchtigen.
Auch sollte dafür gesorgt sein, so
ungestört wie möglich zu schlafen. Wenn
Sie die Wahl haben, stellen Sie Ihr Bett im ruhigsten Raum in der Wohnung auf.
Wenn Sie kleine Kinder haben, lassen sich nächteliche Störungen natürlich nicht
immer vermeiden – suchen Sie hier nach möglichst guten Lösungen.
Schließen Sie den Tag auch mental ab, d.h. lassen Sie noch einmal Revue passieren,
was Sie den Tag über geleistet und erledigt haben. Versuchen Sie ggf., Probleme
nicht mit in die Nacht zu nehmen, sondern (gedacht oder vielleicht sogar real)
in einen Korb neben dem Bett zu legen. Am nächsten Morgen können Sie das Problem
wieder herausnehmen und bearbeiten – sofern es sich nicht über Nacht von
alleine gelöst hat.
Ernährung
Ganz wichtig für einen enspannten Körper und Geist ist auch die richtige Ernährung.
Was aber ist
richtig für Sie? Nicht jeder verträgt alles, manche Menschen
haben Probleme mit bestimmten Nahrungsmitteln. Achten Sie Darauf, möglichst viele
»
gesunde Lebensmittel« zu verzehren, aber beachten Sie auch Ihre individuellen
Erfordernisse.
Am einfachsten beherzigen Sie folgende Faustregel: »Je frischer und unverfälschter
ein Lebensmittel ist, desto gesünder ist es«.
Die letzte, leichte Mahlzeit sollte möglichst spätestens 3 Stunden vor
dem Schlafengehen eingenommen werden, denn mit vollem Bauch schläft man unruhiger.
Entspannungstechniken
Um Körper und Nerven zu entspannen, eigenen sich nicht nur alle oben angeführten
Maßnahmen. Manchmal können spezielle Entspannungstechniken hilfreich sein, Stress,
der sich nicht vermeiden lässt, zu kompensieren. Hier eignen sich vor allem
»Autogenes Training«, die »Progressive Muskelentspannung« nach
Jacobson, aber auch Joga, Meditation spezielle Atemtechniken und vieles mehr.
Schauen Sie z.B. einmal in das Programm der Volkshochschule in Ihrer Nähe, dort
werden zu den meisten Entspannungsmethoden Kurse angeboten. Nachdem Sie vielleicht
in die eine oder andere Methode hineingeschnuppert und sie erlernt haben, können
Sie dann für sich zu jedem geeigneten Termin gezielt entspannen.
Lesen Sie auch folgende Beträge:
Ganzheitliche Gesundheit
Die Säulen der Ganzheitlichen Gesundheit
Akupressur zur Beeinflussung von Magen-/Darmproblemen
Verdauung in der Corona-Krise
Stuhlgang – Probleme und Lösungen
Atem und Verdauung
Bewegung und Sport
Health to go – gibt es das?
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