Letzte Aktualisierung: 1.3.2024

Vegane Ernährung

wie gesund ist sie?
Seit langem schon wird die vegane Ernährung in allen Medien sehr kontrovers und teilweise auch sehr heftig diskutiert, und deshalb möchte ich an dieser Stelle beleuchten, welche Vor- und Nachteile eine solche Ernährungsform hat. Ich bewerte dies auch, begründe meine Bewertungen jedoch auch. Ob Sie diesen Begründungen dasselbe Gewicht zumessen, liegt dann in Ihrer Entscheidung.

Allein aus ernährungsmedizinischen Gründen bin ich kein Verfechter des Veganismus, kann aber durchaus bestimmte Aspekte sehr gut nachvollziehen, die für eine tierfreie Ernährung sprechen. Und insbesondere unter Umweltaspekten ist es ganz bestimmt heute mehr denn je erforderlich, unseren überbordenden Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln deutlich zu reduzieren. Wenn allerdings Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und/oder andere Verdauungsprobleme vorliegen, um die ich mich auf dieser Website und in meinen Beratungen vorrangig kümmere, sind in den meisten Fällen weitere Restriktionen in Bezug auf die Lebensmittel-Auswahl erforderlich, um beschwerdefrei zu werden und zu bleiben. Ob und in welchem Maße dies dann noch mit einer rein veganen Ernährung vereinbar ist und ob und welchen gesundheitlichen Schaden man sich selbst dadurch zufügt oder ob zumindest vorübergehend Ernährungsformen gewählt werden können, bei denen die tierischen Produkte mehr oder weniger reduziert werden, ist immer individuell abzuklären.

Ich versuche einmal, hier alle Punkte aufzuzählen, die für oder gegen eine vegane Ernährung sprechen. Letztendlich muss dann natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ob er vegan leben möchte oder nicht.

Definition: Was ist Veganismus?

»Vegan« und »vegetarisch« ist nicht dasselbe, und doch werden die Begriffe häufig gleichbedeutend benutzt. Eine vegane Ernährung ist etwas anderes als die vegetarische. Veganer ernähren sich ganz konsequent ohne tierische Produkte – seien sie vom lebenden oder vom toten Tier gewonnen. Auch Nahrungsmittel, bei deren Herstellung tierische Bestandteile benötigt werden, die jedoch im Endprodukt nicht mehr vorhanden sind, werden gemieden. Den Veganismus nur als eine Ernährungsform zu betrachten, wäre also viel zu wenig – er ist eine Lebensform.

Im Gegensatz zu den Veganern wird bei der vegetarischen Ernährung im Wesentlichen auf Fleisch verzichtet. Je nach Ausprägung und Ausrichtung werden jedoch zusätzlich zu pflanzlichen Lebensmitteln auch Eier (ovo-vegetarisch), Milch (lacto-vegetarisch) und/oder Fisch (pesco-vegetarisch) hinzugenommen. Meist jedoch wirkt sich der Vegetarismus nicht umfassend einschränkend auf das weitere Leben aus: von lebenden Tieren gewonnene Bestandteile des täglichen Lebens wie beispielsweise Honig oder Wolle und teilweise auch Leder werden nicht grundsätzlich abgelehnt.

Die Motive für eine vegane und für eine vegetarische Ernährung und Lebensweise können vielfältig sein: Zum einen sind es sehr häufig gesundheitliche Gründe, die einen Menschen bewegen, auf Fleisch und ggf. auch generell auf tierische (Nahrungs-)Bestandteile zu verzichten. Sehr oft jedoch sind es (zusätzlich) auch ethische Gründe wie die Achtung vor dem Tierwohl, das Vegetarier und Veganer in Gefahr sehen. Sie wollen nicht (Mit-)Verursacher dafür sein, dass Tiere in nicht artgerechter Weise gehalten und geschlachtet werden oder ihre Produkte wie Eier, Milch, Wolle und viele andere an die Menschen abgeben müssen. Hinzu kommen – mehr und mehr seit den letzten Jahren – auch Aspekte des Umweltschutzes.
 
Ethische Aspekte

Ganz sicher haben die ethischen Gründe ihre Berechtigung. Mit einer Entscheidung für eine vegane (oder vegetarische) Ernährung kann man mit seinem Konsumverhalten dafür sorgen, dass der nicht artgerechten Tierhaltung und natürlich erst recht der Massentierhaltung mehr und mehr der Boden entzogen wird, um sie dadurch überflüssig und für die Produzenten unattraktiv zu machen. Mit einer veganen Ernährung trägt man nicht mehr zu diesen Belastungen der Tiere bei – unter ethischen Aspekten also ein klarer Pluspunkt für eine vegane Ernährung.

Leider jedoch vernachlässigt der Veganer sein eigenes Wohl, denn unser menschlicher Körper ist definitiv nicht auf eine Ernährung ohne tierische Produkte ausgelegt (siehe Abschnitt »Welche Ernährungsform ist ursprünglich für den Menschen vorgesehen?«). Hier kann jedoch durchaus in beiderseitigem Interesse abgewogen werden.

Dass Tiere in Massenställen leiden, ist (zumindest bei vernünftig denkenden Menschen) unbestritten. Es ist aber kaum möglich, objektiv und allgemeingültig bewerten zu können, ob auch Tiere leiden, die in so genannter »artgerechter« Haltung aufgezogen werden. Tiere in Käfigen oder Ställen zu halten, auch wenn diese etwas größer sind, ist für Lebewesen, die eigentlich frei sein sollten, sicherlich nie wirklich artgerecht. Aber hier möchte und muss ich als Mensch, dessen Verdauungssystem auf eine omnivore Ernährung eingerichtet ist, einen Kompromiss eingehen, der in größtmöglichem Maße dem Tierwohl und den menschlichen Ernährungserfordernissen gerecht wird. Nebenbei gesagt: auch Pflanzen sind Lebewesen, die sich u.a. durch unbekömmliche Giftstoffe vor Fraßfeinden schützen und eben nicht gegessen werden wollen. Und doch essen wir Pflanzen – eben weil wir uns ernähren müssen und dies nicht durch den Verzehr von Nährstoffen rein aus der Erde tun können.

Auch ich setze für mich persönlich die ethischen Kriterien an meine Ernährung und an mein Verhalten sehr hoch an, denn beispielsweise eine Tierhaltung in vom Gesetzgeber sogar für Bioqualität gesetztem Rahmen ist auch in meinen Augen immer noch keine artgerechte Haltung. Für mich müssen es wirklich die glücklichen, frei auf einer Wiese laufenden Hühner oder Rinder sein, um die Haltung als artgerecht anzusehen. Und pflanzliche Nahrung bevorzuge ich in Bioqualität, bei der die Äcker nicht künstlich gedüngt oder Pestizide aufgebracht werden, was dann ja auch Tiere – in diesem Falle Insekten und Vögel – beeinträchtigt.
 
Umweltaspekte

Ein weiterer – mindestens ebenso wichtiger – Aspekt ist der Blick auf unsere Umwelt. Dass wir fossile Brennstoffe und damit CO2 sparen sollten, hat sich nicht zuletzt durch die »Fridays for Future-Bewegung« herumgesprochen.

Die Produktion von tierischen Lebensmitteln erzeugt ebenfalls Treibhausgase wie Methan, Lachgas und auch CO2 und zieht einen wesentlich größeren CO2-(Äquivalente)-Fußabdruck nach sich und benötigt sehr viel mehr Wasser als die Produktion energetisch gleichwertiger, pflanzlicher Produkte. Für die Erbauung und den Unterhalt der Ställe, für die Fütterung der Tiere und für die Entsorgung der tierischen Abfälle wird im Vergleich zu pflanzlicher Kost ein Vielfaches an Energie benötigt, die das Fleisch uns liefert. Wenn wir pflanzliche Kost statt des Fleisches verzehren würden, würde wesentlich weniger Energie – und damit CO2 – benötigt.

Darüber hinaus werden durch die Gülle, die hektoliterweise anfällt, die Böden verseucht – insbesondere bei der Massentierhaltung, bei der die Tiere in riesigen Ställen gehalten werden und nicht vereinzelt auf der Wiese herumlaufen und ab und an ihre Hinterlassenschaften fallen lassen. Diese Gülle wird mit meist dieselgetriebenen Fahrzeugen kilometerweit durch die Länder gekarrt, denn es ist keineswegs mehr sichergestellt, dass man einen Abnehmer in Deutschland findet. Der kippt sie dann irgendwo auf die Felder – günstigstenfalls! Um Geld zu sparen, wird öfter auch in Nacht- und Nebelaktionen schon mal eine Fuhre einfach im nächstbesten Bach abgelassen. Auf jeden Fall gelangt diese Gülle ins Grundwasser und reichert es mit Nitrat an, sehr viel mehr, als gut für uns ist. Deutschland wurde bereits von der EU abgemahnt, dass die Nitratbelastung viel zu hoch sei – leider bisher ohne wirksame Reaktionen.

Es gäbe natürlich im Gefolge der Massentierhaltung auch Biomasse-Reaktoren, mit denen aus der Gülle Energie gewonnen werden könnte, aber erstens sind diese Anlagen noch sehr selten und zweitens bleibt danach immer noch die Frage der Entsorgung, denn die Gewinnung der Energie aus der Gülle schrumpft diese ja nicht auf Null. Somit sind Biomasse-Reaktoren keineswegs der Freibrief für eine solche Haltungsform.

Und dann wäre noch der Raubbau an Flächen einerseits für die Viehhaltung selbst und andererseits für die Erzeugung des Futters kritisch zu betrachten. Insbesondere die verantwortungslosen und geld- und machtgierigen Herrscher wie u.a. Jair Bolsonaro in Brasilien und Konsorten scheren sich keinen Deut darum, welche Bedeutung die Regenwälder für das Gleichgewicht unseres Klimas haben. Sie lassen diese Flächen rücksichtslos roden, um Platz für die Produktion von Fleisch und Viehfutter zu schaffen. Gäbe es hierfür in den »Partner«-Ländern wie u.a. auch in Deutschland keinen Bedarf und keine Abnehmer, würde sich ein solches »Geschäftsmodell« rasch erübrigen. Wir können also mit unserem Essverhalten viele solcher unguten Vorgänge beeinflussen.

Ad absurdum jedoch wird eine vegane Ernährung geführt, wenn man die Aspekte der Regionalität und Saisonalität missachtet. Werden vegane Lebensmittel durch die halbe Welt kutschiert, weil man seinen Speisezettel meint, mit Produkten vom anderen Ende des Globus bereichern zu wollen, wird der ökologische Fußabdruck auf jeden Fall schlechter. Oder wenn man pflanzliche Produkte außerhalb der Saison verzehrt – als ein Beispiel (unter leider viel zu vielen) nenne ich hier mal eine Mahlzeit mit Spargel, der vor der eigentlichen Saison nur mit Hilfe von Warmwasser-durchfluteten Röhren wachsen kann.

Die vegane Ernährung erzielt unter Umweltaspekten einen klaren Pluspunkt gegenüber einer Ernährung, bei der auch tierische Produkte verzehrt werden – aber nur unter der Voraussetzung, dass Regionalität und Saisonalität mit beachtet werden.
 
Welche Ernährungsform ist ursprünglich für den Menschen vorgesehen?

Um als erstes bewerten zu können, ob und in welcher Ausprägung eine vegetarische und/oder vegane Ernährung ggf. gesünder oder geeigneter ist als fleisch- und tierproduktehaltige Nahrung, sollten wir uns vor Augen führen, welche Ernährung ursprünglich für den Menschen vorgesehen, »normal« war.

Aufgrund von körperlichen Merkmalen (Anordnung und Ausbildung der Zähne, Länge des Darms, Vorhandensein bzw. Fehlen verschiedener Enzyme zum Verarbeiten von Nahrungsbestandteilen) zeigt sich ganz deutlich, dass der Mensch als »Alles(fr)esser« (Omnivore, omni = alles, vorare = fressen; lat.) oder »Früchte(fr)esser« eingerichtet ist.

Die Ernährung in der Urzeit des Menschen beweist – soweit sie uns aus Fossilienfunden bekannt ist –, dass sich der Mensch als Sammler und Jäger überwiegend von pflanzlichen Lebensmitteln ernährt hat, die er auf seinen Wanderungen fand. Hier wurden Früchte, Blätter, Knollen und Wurzeln und das Mark aus Stängeln gesammelt, aber auch einzelne Körner von Grashalmen gestreift und verzehrt. Ergänzt wurde diese Kost durch tierische Proteine, die er durch den Verzehr von gefundenen Vogeleiern, Würmern oder Insekten aufnahm. Auch kleine Tiere wie Hasen, Mäuse oder Eichhörnchen konnten ab und an erbeutet werden, mit etwas Glück und vor allem mit der Erfindung von Waffen später manchmal auch ein größeres Tier. Wenn ein größeres Tier gefangen oder ein noch verzehrfähiges (verletztes) Tier gefunden wurde, überwog dann natürlich vorübergehend der Verzehr von Fleisch, das ja nicht konserviert werden konnte und sofort gegessen werden musste. Danach aber stellte wieder die pflanzliche Kost den Hauptbestandteil der Nahrung.

Je nach den Erfordernissen des Lebensumfeldes konnte es im Extremfall auch sein, dass Menschen, wie z.B. die Inuit, sich überwiegend von Fleisch und Fisch ernährten. Dabei wurde jedoch immer der Mageninhalt mitverzehrt, so dass die Menschen auch hier einen möglichst großen Anteil an pflanzlicher Nahrung zu sich nahmen und dies – sofern sie sich nicht durch moderne Handelsmöglichkeiten anderweitig versorgen können – traditionell auch heute noch tun.

Da sich das Verdauungssystem der Menschen in den Jahrtausenden seit diesen Urzeiten (die entwicklungsgeschichtlich jedoch so gut wie gar nicht ins Gewicht fallen) nicht verändert hat, täten wir gut daran, uns ebenso wie unsere Vorfahren zu ernähren, um gesund zu bleiben. Dies bedeutet: viel pflanzliche Kost, möglichst unverarbeitet oder zumindest sehr schonend zubereitet, dazu wenig Fleisch und tierische Produkte – ein Punkt also, der für eine gemischte und gegen die vegane Kost spricht.

Gerade in letzter Zeit verbreitet sich die Meinung, dass sich unsere Vorfahren im Gegensatz zu dem soeben Beschriebenen eher überwiegend von Fleisch und Fett ernährt haben. Diese Ernährungsform wird als »Paleo- oder Steinzeitdiät« bezeichnet. Tatsache ist, dass niemand von uns dabei gewesen ist, als unsere Vorfahren lebten. Wenn jedoch tatsächlich der Mensch wie ein überwiegend fleischfressendes Raubtier gelebt hätte, hätte er neben einem sehr viel kürzeren Darm vor allem Reißzähne und Krallen, um seine Beute auch ohne Waffen fangen und essen zu können, und auch die Organe wie u.a. die Nieren wären für die Verdauung dieser großen Fleisch- und damit Proteinmengen eingerichtet. Dies ist aber offenkundig nicht der Fall. Somit ist für die meisten Ernährungswissenschaftler klar, dass Fleisch nicht die Hauptkomponente der ursprünglichen Ernährung gewesen sein kann.

Bitte lesen Sie hierzu auch meine Rezensionen zum Buch von Dr. David Perlmutter: »Dumm wie Brot – wie Weizen schleichend Ihr Gehirn zerstört« und zu dem Buch von Dr. William Davis: »Weizenwampe«.

Tatsache ist auch, dass Menschen, die kein oder nur wenig Fleisch essen, weniger Darmkrebs haben als die Viel-Fleisch-Esser. Dies mag zum einen daran liegen, dass ein Darm für die Verdauung von überwiegend fleischhaltiger Nahrung sehr viel kürzer sein muss, als der von Pflanzenfressern, denn bei der Fleischverdauung entstehen giftige oder zumindest schädliche Stoffe, die die empfindliche Darmwand schädigen können, wenn der Speisebrei zu lange im Darm liegt. Fleischiger Speisebrei sollte so schnell wie möglich zum Ausgang befördert werden. Die kohlenhydratarme Paleokost kann aber genau dies nicht: sie liegt (zu) lange in unserem dafür viel zu langen Darm und wird wegen der fehlenden Ballaststoffe auch nur schwer weiter befördert. Es gibt noch keine Langzeitbeobachtungen, ob und in welchem Maße die Paleo- oder Steinzeitkost die Ausbildung von Darmkrebs begünstigt – aber allein aus logischen Überlegungen möchte ich selbst mich keinem Risiko aussetzen und erteile einer fleischlastigen Ernährung auf jeden Fall einen dicken Minuspunkt.
 
Wie sieht unsere heutige Ernährung unabhängig vom Fleischkonsum aus?

Leider ernähren wir uns heute – auch wenn wir unseren Fleischkonsum an unsere körperlichen Merkmale anpassen – meist mitnichten so, wie es unsere Physiologie vorgibt: entweder essen wir viel zu viel Zucker und Fett und überhaupt zu viel, und/oder wir verzehren überwiegend Fertiggerichte, bei denen die ursprünglichen und für uns gesundheitsrelevanten Vitalstoffe durch die Hochverarbeitung zerstört und deshalb notdürftig durch künstliche Vitamine ersetzt werden. Weiterhin enthalten die heutigen Speisen zahlreiche chemische Zusätze, die das Essen haltbarer machen, das Aussehen anpassen, Geruch und Geschmack verändern und die Haltbarkeit verlängern und so die Gewinnmarge vergrößern sollen. All dies sind jedoch Stoffe, die unser archaisches Verdauungssystem nicht kennt und deshalb mit Sicherheit nicht ohne (langfristige) Folgen verkraften kann. Für eine solche »Zivilisationsnahrung« kann es auch nur Minuspunkte geben!

Eine gesunde Kost, so wie sie unsere Vorfahren aßen, verbunden mit einer insgesamt gesunden Lebensweise mit viel Bewegung an der frischen Luft und einer ausgewogenen Mischung aus Anregung und Entspannung wäre also das, was uns auf Dauer gesund erhält und uns die Chance auf ein möglichst langes Leben eröffnet. Welche Form der Ernährung im Allgemeinen aufgrund unserer Körpermerkmale gesund ist, ist an anderer Stelle ausreichend dargelegt, z.B. im Beitrag »Fleisch oder kein Fleisch – was ist gesunde Ernährung?«.
 
Ist eine vegane Ernährung gesund?

Diese Frage soll hier generell für alle gesunden Menschen beantwortet werden. Keine allgemeingültige Antwort kann es natürlich für alle Menschen mit den verschiedensten Krankheiten geben, die diätetische Anpassungen erfordern, wie u.a. Diabetes oder Nierenprobleme, ebenso wenig wie für Menschen mit Nahrungsmittel-Allergien und/oder Unverträglichkeiten (hierzu lesen Sie bitte den Abschnitt Veganismus und Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten weiter unten). Trotzdem gelten in allen Fällen einige Grundsätze.

Für den Aufbau unserer eigenen Körperzellen benötigen wir bestimmte Aminosäuren in einem bestimmten Mengenverhältnis. Eiweiß aus tierischen Quellen kommt diesen Erfordernissen näher als pflanzliches und ist zudem besser verdaulich. Dabei entscheidet über die Qualität der Nahrung immer die Aminosäure, die in der geringsten Menge in der Nahrung vorhanden ist, die also die Zusammensetzung und den Aufbau unserer körpereigenen Proteine limitiert. Da nutzt es nichts, wenn andere Aminosäuren im Überfluss vorhanden sind, denn aus diesen »Resten« kann eben kein vollständiges Eiweißmolekül mehr gebildet werden. Pflanzliche Proteine enthalten in der überwiegenden Menge für die menschliche Proteinsynthese unvollständigere Zusammenstellungen von Aminosäuren. Es ist zwar grundsätzlich möglich, durch eine kluge Zusammenstellung von verschiedenen pflanzlichen Bestandteilen die Gesamtqualität des Angebots an Aminosäuren zu steigern, leider jedoch ist dieses Erfordernis den wenigsten Veganern bekannt und darüber hinaus auch nur mit größeren Mühen umsetzbar. Allesesser oder Vegetarier, die auch tierische Produkte verzehren, haben es da wesentlich einfacher, denn in Fleisch bzw. Milch, Eiern und Fisch sind die benötigten, essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge enthalten und können einen Mangel bei den pflanzlichen Zutaten ausgleichen und ergänzen – ein Minuspunkt für die vegane Ernährungsform.

Für eine gesunde Verdauung ist der ausreichende Verzehr von Ballaststoffen erforderlich, die die Bakterien der Mikrobiota (Darmflora) benötigen, um sich in einer gesunden Balance vermehren zu können. Diese Mikroorganismen wiederum versorgen die Darmschleimhaut, die die Barriere zwischen dem Körperäußeren (dazu zählt auch der Darminhalt) und dem Körperinneren sicherstellen muss. Weiterhin werden in den Zellen der Darmschleimhaut Enzyme und weitere zahlreiche Substanzen gebildet, die eine korrekte Verarbeitung und Verdauung der Nährstoffe garantieren. Auch der Darmschleim, der eine schützende und nährende Schicht über den Darmschleimhautzellen bildet, wird erst durch den Verzehr von genügend Ballaststoffen in einem erwünschten Zustand gehalten. Generell verzehren Veganer mehr pflanzliche Nahrungsmittel, als es die Menschen tun, die zusätzlich tierische Komponenten essen. Ein Veganer nimmt so ganz automatisch und ohne viel nachdenken zu müssen, sehr viel mehr Ballaststoffe zu sich als Menschen mit anderen Ernährungsformen. Letztere müssen (sollten) immer überlegen, dass und ggf. wie sie ihre Ballaststoffbilanz für eine gesunde Verdauung aufbessern können. Dies ist ein klarer Pluspunkt, den die vegane Ernährung für sich verbuchen kann, der jedoch bei jeder Ernährungsform zum Tragen kommt, wenn man beachtet, dass die Speisen einen möglichst großen Anteil an vollwertigen, pflanzlichen Zutaten enthalten.

Jede Ernährungsform, die nicht die vom Körper vorgegebenen Erfordernisse abdeckt, muss weniger gesund sein als eine physiologisch angepasste. Und allein aus diesem Grunde kann der Veganismus nicht gesund sein, denn bei dieser Ernährungsform fehlen essentielle, d.h. lebenswichtige Nährstoffe, die ausschließlich pflanzliche Nahrung nicht oder nur in Spuren enthält. Gemeint ist hier das Cobalamin, meist unter dem Namen Vitamin B12 bekannt. Dieses Vitamin ist nur in tierischer Nahrung wie z.B. in Fleisch, Eiern oder Fisch enthalten. Veganer müssen es substituieren, d.h. sie müssen entweder Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, künstlich mit Vitamin B12 angereicherte Lebensmittel verzehren oder eine mit Vitamin B12 versetzte Zahnpasta benutzen, denn eine Unterversorgung mit diesem Vitamin zieht u.a. Störungen der Blutbildung, Schädigungen von Rückenmark und zentralem Nervensystem bis hin zu Lähmungen oder auch Schwangerschaftskomplikationen nach sich. Allein dies spricht für mich persönlich gegen den Gesundheitswert und gegen die Berechtigung einer veganen Ernährung, denn es kann nicht von der Natur vorgesehen sein, dass man einen lebenswichtigen Bestandteil als Nahrungs-Ergänzung einnehmen muss, um gesund zu bleiben.

Selbstverständlich muss und darf jeder erwachsene Mensch für sich selbst entscheiden, was er für seinen Körper tut oder unterlässt. Ich tue mich allerdings schwer damit zu akzeptieren, wenn Eltern ihre Kinder vegan ernähren, denn sie verweigern oder zumindest erschweren so die Möglichkeit, dass aus diesen Kindern körperlich und psychisch gesunde Erwachsene werden. Ganz indiskutabel finde ich es, wenn Schwangere oder Stillende, die für ein heranwachsendes Leben verantwortlich sind, zumindest in dieser Zeit keine Ausnahme machen wollen.
 
Ersatzprodukte

Wenn ein Mensch für sich selbst entscheidet, vegan zu leben, sollte er dies mit der gleichen Überzeugung tun, wie er es meist nach außen postuliert. Ersatzprodukte wie »pflanzliches Fleisch« (aus Soja oder Seitan), »Käse« (aus pflanzlichen Ölen) und viele weitere Produkte, die dem Esser einen Geschmack wie tierische Produkte vorgaukeln, kann ich dann nicht mit den häufig missionarischen Äußerungen in Einklang bringen, wie gut die vegane Ernährung sei. Eine wirklich leckere, vegane Mahlzeit kann durchaus auch ohne diese »Schummeleien« zubereitet werden. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass all diejenigen, die meinen, geschmacklich nicht auf Fleisch oder Käse etc. verzichten zu können, dann auch zu dieser Überzeugung stehen sollten. Warum schauen sie nicht, welche Möglichkeiten bestehen, tierische Nahrungsmittel aus einer akzeptablen Produktion zu erhalten und so diese Hersteller zu fördern?

Abgesehen davon enthalten diese Ersatzprodukte in der Regel (zu) viele chemische Zutaten, damit der Geschmack des Produkts erreicht werden kann, den sie imitieren sollen. Auch wenn hier die Nahrungsmittel-Industrie Fortschritte macht und auch mit natürlichen Gewürzen mehr und mehr akzeptable Ergebnisse erzielt, enthält unsere »zivilisierte« Nahrung ohnehin schon viel zu viele Zusätze. Es kann nur ungut sein, diese auch in »nur noch« kleinen Mengen weiter zu vergrößern. Auf jeden Fall aber sind alle diese Produkte industriell hochbearbeitet, die enthaltenen Nährstoffe großteilig denaturiert und die durch die Verarbeitung zerstörten Vitalstoffe durch künstliche ersetzt. Ziel einer gesunden Ernährung ist es aber grundsätzlich, die Lebensmittel so natürlich wie möglich zu belassen, was die Ersatzprodukten eben in keinster Weise leisten können – alles Minuspunkte für diese Ersatz-Produkte!

Nicht zu den Ersatz-Produkten im engeren Sinne würde ich die sogenannten »Pflanzenmilchen« zählen, also beispielsweise Sojamilch, Mandelmilch, Kokosmilch oder Hafermilch. Diese wollen oder sollen zwar tatsächlich die (Kuh-)Milch ersetzen, aber sie dürfen erstens lt. Gesetzgeber nicht »...-milch« genannt werden, sondern z.B. Soja-, Mandel-, Kokos- oder Haferdrink und zum anderen und vor allem enthalten sie in der Regel keine chemischen Zusatzstoffe, um den Kuhmilchgeschmack 1:1 nachzuahmen. Deshalb sind die pflanzlichen Drinks eine gute Alternative, um den Konsum von Kuhmilch mehr oder weniger reduzieren zu können und bringen zudem zusätzliche Geschmacksrichtungen auf den Teller bzw. ins Glas.

Ohne Frage ist es eine gute Idee, ab und an eine vegane Mahlzeit in den Speisezettel einzubauen, und es gibt wirklich keine nachvollziehbaren Gründe, warum in jeder Mahlzeit tierische Produkte in mehr oder weniger großen Mengen und teilweise ohne deutliche Deklaration verarbeitet sein müssen. Mit gelegentlichen veganen Speisen kann man ohne Probleme den Konsum von Fleisch und tierischen Produkten insgesamt minimieren und die oben beschriebenen ethischen und Umweltaspekte mehr berücksichtigen, als man dies bei einem ungehemmten Fleischverzehr tun würde. Es ist also – wie immer und überall – die Menge, die das Gift ausmacht. Eine (deutliche) Reduktion von tierischen Produkten und des Öfteren eine vegane Mahlzeit, zubereitet aus leckeren, ehrlichen Zutaten ist durchaus sinnvoll – Auswüchse wie Fleisch- oder Käse-Ersatzprodukte sind dann nicht erforderlich.
 
(Glücklicherweise nicht immer) eine fanatische Lebenseinstellung

Zusätzlich zu den o.a. gesundheitlichen Aspekten beobachte ich leider viel zu oft eine unter Veganern sehr verbreitete fanatische Haltung. Ob dies mit den eigenen, eng gesetzten Grenzen in Bezug auf die Lebensmittelauswahl zusammenhängt, die kompromisslos alle, aber auch wirklich alle tierischen Bestandteile aus dem Leben ausschließt, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen. Aber vielleicht verleitet eine solche für sich selbst sehr eng gesetzte Lebenseinstellung dazu, auch andere Meinungen nur schwer tolerieren zu können. Eine solche Verhaltensweise bekommt von mir ebenfalls einen Minuspunkt – aber glücklicherweise verhalten sich ja nicht generell alle Veganer so.

Ich selbst akzeptiere, wie gesagt, völlig, wenn Menschen sich einerseits nicht gemein machen wollen mit den Tierquälern in den großen Mastbetrieben und andererseits die Verantwortung für die nicht unbeträchtlichen Aspekte in Bezug auf unsere Umwelt nicht mitverantworten wollen – aber das muss nicht zwangsläufig dazu führen, auf eine angemessene Ernährung aus überwiegend pflanzlichen und wenig tierischen Lebensmitteln zu verzichten. Es kann auch durchaus sinnvoll sein, sich vegetarisch, d.h. gänzlich ohne Fleisch zu ernähren, dies aber mit Milch, Eiern und/oder Fisch zu ergänzen. Auch eine Ernährung mit nur wenig (artgerecht produziertem) Fleisch und ebensolchen tierischen Produkten kann sehr gesund sein – eine solche Ernährungsform nennt sich »Flexitarismus« – und diese berücksichtigt nicht nur die etischen und Umweltaspekte, sondern darüber hinaus auch die eigenen gesundheitlichen Erfordernisse. Und somit erhält der Flexitarismus für mich einen klaren Pluspunkt.

Es mag für alle Ernährungsformen Argumente und auch Gegenargumente geben – und mitnichten muss zwangsläufig ein und dieselbe Ernährungsform für alle Menschen die einzig Seligmachende sein. Und unabhängig davon, ob ich für mich den Veganismus gut oder weniger geeignet finde, wünsche ich mir auf jeden Fall, dass sich alle Menschen – egal wie sie sich ernähren – nebeneinander leben lassen. Grundsätzlich darf keine Lebensform – egal ob in Bezug auf die Ernährung oder auf andere Bereiche des Lebens – dazu führen, alle Andersgesinnten missionieren und ihnen die eigene Meinung »überstülpen« zu wollen.
 
Psychische Aspekte

Wenn man eine Diät einhalten muss (oder möchte), ist dies immer mehr oder weniger belastend für die Psyche. Bei Diäten, die aufgrund von gesundheitlichen Problemen eingehalten werden müssen, muss man zwar auch sehr genau hinschauen, was man isst bzw. eben nicht isst, erhält aber im Gegenzug eine »Belohnung« durch die zurückgehenden Beschwerden. Dies führt in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bei der »Kosten-/Nutzenabwägung« zu einer positiven Bilanz. Hinzukommt, dass das soziale Umfeld bei einer Erkrankung meist mehr Verständnis für die Notwendigkeiten aufbringt.

Anders ist es bei freiwillig gewählten Diäten wie dem Vegetarismus oder Veganismus. Die Gründe für die Entscheidung insbesondere beim Veganismus sind von den Mitmenschen in der Regel weniger nachvollziehbar – wobei dies hier an dieser Stelle keine Bewertung von mir sein soll!

Abgesehen von der deutlich eingeschränkten Spontaneität führt diese Tatsache auf jeden Fall zu mehr Stress in Zusammensein mit anderen Menschen. Unabhängig davon, ob ein Verzicht erzwungen oder freiwillig ist, ist es immer anstrengend, diesen Verzicht den Mitmenschen erklären zu müssen, denn beim gemeinsamen Essen wird es zwangsläufig von den anderen bemerkt, wenn man die Inhaltsstoffe einer Mahlzeit hinterfragt. Je hartnäckiger dieses Hinterfragen ist bzw. sein muss, desto auffälliger wird es sein, so dass es wahrscheinlich jeder mitbekommt. Je mehr Verständnis die anderen für das Bedürfnis aufbringen können oder wollen, desto einfacher wird es. Bei Erkrankungen ist eine solches Verständnis erfahrungsgemäß größer als bei freiwillig gewählten Einschränkungen.

Nun macht es auf den ersten Blick keinen Unterschied, ob die Mitmenschen für mein Bedürfnis Verständnis aufbringen oder nicht – ich selbst kann mich trotzdem für oder gegen eine Speise entscheiden. Aber alles, was mich aus der »Anonymität der Masse« herauskatapultiert und mich deutlich sichtbar, deutlich anders macht, ist immer unangenehm und bringt Stress und belastet die Psyche. (Es gibt zwar auch Menschen, denen es durchaus angenehm ist, sich mit einer Krankheit oder einem Anderssein hervorzuheben und sogar mit ihren Erkrankungen kokettieren oder auch mit »Besonderheiten« provozieren, dies sind aber Auffälligkeiten, die an dieser Stelle nicht thematisiert werden sollen.)

Bei krankheitsbedingten Diäten führt an diesem Stress kein Weg vorbei. Bei freiwilligem Verzicht, sofern er wirklich hundertprozentig konsequent durchgeführt werden soll, auch nicht. Und beim Veganismus ist dieser konsequente Verzicht bei gemeinschaftlichen Mahlzeiten grundsätzlich sehr extrem und sehr deutlich, weil jede Speise ohne Ausnahme auf ihre Zutaten hinterfragt werden muss. Ob Fleisch in einem Gericht enthalten ist, kann man oft sehen, weshalb Vegetarier weniger Probleme haben, sich ihre Gerichte ohne Frage an den Koch oder die Köchin zusammenzustellen. Für Veganer aber ist ja nicht generell ersichtlich, ob bei der Zubereitung irgendwelche tierischen Bestandteile enthalten sind, die man auf den ersten Blick nicht erkennen kann. Und ein erster Blick genügt einem kompromisslosen Veganer eben nicht – es darf keine tierische Zutat enthalten sein.

Ein solches Verhalten ist vor den etischen und umweltbezogenen Hintergründen natürlich verständlich, aber es sind mit Sicherheit nicht nur die Hinterfragerei, sondern auch die damit verbundene soziale Ausgrenzung anstrengend – in Bezug auf die psychische Belastung also ein Minuspunkt für die vegane Ernährung.

Selbstverständlich kann man auf dem Standpunkt stehen, dass es andere nichts angeht, wie ich meine Essensgewohnheiten gestalte, aber es ist nun einmal so, dass ich nicht allein auf der Welt bin und mich immer in einem sozialen Umfeld bewege. Und dieses soziale Umfeld, die Mitmenschen, nehmen Anteil an dem, was die anderen tun oder nicht tun. Es wäre schön, wenn jeder jeden anderen nach dessen Facon leben lassen könnte – nach dem wunderbaren kölschen Motto »Jeder Jeck ist anders« – aber es hat ja auch seinen Vorteil, wenn meine Mitmenschen mich beobachten und mir im Ernstfalle Empathie und Hilfe zukommen lassen. Deshalb ist es wichtig, mit meinen eigenen Verhaltensweisen die Geduld und Akzeptanz der anderen nicht überzustrapazieren – denn je häufiger und drastischer sich einzelne oder oft auch mehrere Mitglieder einer Essensgemeinschaft ausgrenzen, desto weniger spurlos geht dies an den anderen vorüber. Eine Rücksichtnahme sollte also nach Möglichkeit immer bidirektional sein.

Wenn man davon absieht, dass aus gesundheitlicher Sicht eine rein vegane Ernährung nicht der beste Weg ist, wäre die Frage zu stellen, ob nicht ein etwas lockererer Umgang mit den veganen Gewissensgründen unter Inkaufnahme kleinerer Belastungen der durchaus ja unterstützenswerten Aspekte der bessere Weg wäre. Für die Psyche wäre ein gelegentliches Aufweichen ganz bestimmt von Vorteil.
 
Soziale Aspekte

Unabhängig davon, welche Ernährungsform man freiwillig oder auch gezwungenermaßen wählt, hat dies immer auch Auswirkungen im Zusammenleben mit anderen Menschen. Sobald ein Veganer mit Freunden oder Familienmitgliedern, die eine »Normalkost« (gemeint ist damit, dass keine Unverträglichkeiten beachtet werden müssen) bevorzugen, zusammen isst, ergeben sich zwangsläufig Interessenkonflikte.

Sitzt nur eine einzige Person mit veganer Ernährungsweise als Gast am Tisch, ist dies noch relativ einfach zu handhaben, sofern der Veganer entweder für sich selber kocht und seine Speisen mitbringt oder den Gastgeber rechtzeitig über die Erfordernisse informiert hat und dieser bereit ist, sich auf eine eventuell für ihn fremde Speisenauswahl einzulassen. Der Gastgeber muss dann entweder für alle vegan kochen (was diese ggf. als Bevormundung oder Zumutung betrachten könnten) oder aber er muss für den Veganer ein Extragericht zubereiten. Geht dann allerdings etwas schief und ein dogmatischer Veganer weigert sich, die mühevoll zubereitete Mahlzeit zu essen, kann dies schnell zu Verwerfungen führen.

Ist der Veganer selber der Gastgeber, gibt es weniger Probleme, denn hier kann man selbst bestimmen, welche Zutaten verwendet werden. Falls Ersatzprodukte wie vegane »Wurst«, »Fleisch« oder »Käse« verwendet werden, sollte fairerweise vor dem Beginn der Mahlzeit darauf hingewiesen werden, damit es keine peinlichen Überraschungen gibt. Sehr viel geschickter wäre es, die Gäste vorab zu informieren, dass es eine vegane Mahlzeit geben wird (falls die vegane Lebensweise nicht bereits bekannt ist), so dass sich niemand überfahren fühlt.

Unabhängig davon, ob der Veganer Gast oder Gastgeber ist, kann es komplizierter werden, wenn weitere Gäste mit Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten oder sonstigen Problemen ebenfalls nur eine eingeschränkte Palette an Lebensmitteln essen dürfen. Wenn sich meine gesamte Großfamilie trifft, sitzen auch Menschen mit Laktose- und mit Fruktose-Intoleranz, mit Zöliakie und mit Diabetes am Tisch. Es ist schon hier nicht einfach aber doch möglich, alle unter einen Hut zu bekommen. Ehrlich gesagt bin ich sehr froh, dass bisher noch niemand auf die Idee gekommen ist, vegan leben zu wollen. Allerdings kommen bei mir ohnehin viele pflanzliche und sehr wenige tierische Zutaten auf den Tisch, alles aus biologischer und ethisch einwandfreier Herkunft. Aber wenn ich jetzt noch jede Zutat daraufhin abklopfen müsste, ob irgendwo eine tierische Komponente im Herstellungsprozess enthalten (gewesen) ist, würde dies die Vorbereitungszeit zumindest für mich unakzeptabel verlängern.

Werden keine Ersatzprodukte zugefügt und die Mahlzeit lediglich tierproduktfrei aus normalen pflanzlichen Zutaten zubereitet, die in jeder Küche verwendet werden, werden viele vielleicht gar nicht bemerken, dass es ein veganes Gericht ist. Unter Umständen mag der eine oder andere Fleischliebhaber seine geschätzte Komponente vermissen, aber es ist ja dem Gastgeber freigestellt, welches Essen er anbietet. Vielleicht sind ja Gemüse, Hülsenfrüchte oder sonstige Zutaten enthalten, die die Gäste noch nicht kennen und für die ihr Interesse geweckt werden kann. Viele Veganer haben einen wesentlich weiteren Blick auf die zur Verfügung stehende, pflanzliche Lebensmittelauswahl als »Otto Normalverbraucher«.

Ein Problem wird aber unter Umständen – zumindest latent – mit am Tisch sitzen, und dies ist eine eventuell beschränkte Akzeptanz der anderen gegenüber dem Veganismus – eben weil unglücklicherweise unter den Veganern öfters entweder eine intolerante Haltung gegenüber Andersdenkenden oder missionierende Verhaltensweisen verbreitet sind. Es wird deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit zum Gesprächsthema werden, wobei dies sowohl von den nichtveganen Gästen als auch vom Veganer selbst ausgehen kann. Ob und in welchem Rahmen dies erwünscht ist, sollte auf jeden Fall von demjenigen, der das Thema anschneidet, feinfühlig eruiert werden.

Ob in Bezug auf die sozialen Aspekte Plus- oder Minuspunkte zu verteilen sind, hängt deshalb vom feinfühligen und respektvollen Miteinander ab.
 
Veganismus und Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten

Muss (oder möchte) der Veganer selbst sich lediglich an die freiwillig gewählte Ernährungsform halten, ist die Auswahl der Speisen noch relativ groß. Man verzichtet halt nur auf tierische Produkte, muss allerdings die physiologischen Erfordernisse beachten, um keinen Mangel zu leiden.

Kommen jedoch durch eine oder sogar mehrere Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, Allergien oder sonstige Verdauungsprobleme weitere, zwingende Erfordernisse zum Veganismus hinzu, ist es nicht nur sehr viel schwieriger, alle Aspekte zu beachten. Vor allem aber schränkt sich dadurch die Lebensmittelauswahl zusätzlich mehr und mehr ein. Es ist und muss immer das Ziel einer wirklich der Gesundheit zuträglichen Ernährung sein, eine möglichst große Palette an zur Verfügung stehenden Lebensmitteln zu verzehren, weil sich dies auf die Vielfältigkeit der Mikrobiota auswirkt. Kommen durch die verschiedenen Erfordernisse nur noch sehr wenige Lebensmittel in Betracht, leidet die Diversität der Mikroorganismen im Darm und im Zuge dessen auch die Qualität der Darmschleimhaut – mit allen nachteiligen Folgen für die Gesundheit.

Ein klarer – und entscheidender – Minuspunkt für eine vegane Ernährung bei Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten!

Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, Allergien und alle Arten von Verdauungsproblemen mit den dadurch erforderlichen (eventuell vorübergehenden) Einschränkungen in Bezug auf die Speisenauswahl sollten Vorrang vor freiwilligen Restriktionen haben. Dies ist keine Bewertung oder gar Abwertung des Veganismus, aber krankheitsbedingte Anforderungen müssen immer prioritär beachtet werden. Deshalb sollte klug überlegt werden (ggf. mit Hilfe einer spezialisierten Fachberatung), welche Alternativen bestehen, die möglichst viele der zu beachtenden Aspekte berücksichtigen. Sobald sich die gesundheitliche Lage verbessert, kann überlegt werden, ob und ggf. in welcher Ausprägung man zu einer flexitarischen, vegetarischen oder später auch wieder veganen Ernährung zurückkehren kann oder will.
 
Veganismus und bakterielle Fehlbesiedelungen

Genauso, wie es problematisch ist, eine vegane Ernährung mit Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und/oder -Allergien zu vereinbaren, wird es in der Regel schwierig, wenn bakterielle Fehlbesiedelungen des Darm bestehen – eine Dünndarmfehlbesiedelung oder SIBO und/oder eine Dysbiose des Dickdarms. Insbesondere die Dünndarmfehlbesiedelung braucht – vorübergehend – eine Diät, die arm an komplexen Kohlenhydraten ist, die sogenannte Low-FODMAP-Diät, um den fehlsiedelnden Bakterien das Futter und damit die Vermehrungsfähigkeit zu entziehen. Eine vegane Ernährung enthält aber immer einen sehr viel höheren Anteil an Ballaststoffen, die bei einer SIBO kontraproduktiv sind

Bei einer Dysbiose, die ja ebenfalls eine bakterielle Fehlbesiedelung ist – diesmal aber im Dickdarm – muss ebenfalls mit der Ernährung darauf geachtet werden, dass die Speisen so ausgewählt werden, dass das Angebot der enthaltenen Nährstoffe von den derzeitigen Bakterienarten der Mikrobiota im Dickdarm verstoffwechselt werden kann, ohne unnötig Gase und ungesunde Säuren zu produzieren.

Im Allgemeinen verzehren Veganer zur Deckung ihres Proteinbedarfs größere Mengen Hülsenfrüchte wie Soja und Lupinen, aber auch Erbsen, Bohnen und Linsen etc. Diese Pflanzengruppen enthalten sehr viele Oligosaccharide. Dies sind Mehrfachzucker, für die wir Menschen in unserem Verdauungssystem die benötigten Enzyme nur unzureichend bilden können. Deshalb werden diese Zuckerarten immer in größeren Mengen in den Dickdarm geschleust und dort von den Darmbakterien vergoren. In gewissen Grenzen kann sich die Besiedelung dort anpassen, aber nicht unbegrenzt. Das bedeutet, dass sich bei einem erhöhten Verzehr von Hülsenfrüchten immer zu viele Gase und Säuren im Dickdarm befinden. Selbst wenn bei Aufnahme der veganen Ernährung das bakterielle Gleichgewicht in Dünn- und Dickdarm noch gesund gewesen ist, ist die Gefahr sehr groß, dass im günstigsten Falle »nur« vermehrte Blähungen folgen, in ungünstigeren Fällen aber kann dadurch aber auch eine Dünndarmfehlbesiedelung entstehen.

In Bezug auf bakterielle Fehlbesiedelungen in Dünn- und/oder Dickdarm kann es deshalb für die vegane Ernährung auch nur einen Minuspunkt geben.
 
Fazit

Wie alles, entwickeln sich auch die Grundsätze der Ernährung kontinuierlich weiter, und wahrscheinlich wird auch in wenigen Jahren schon die vegane Strömung »Schnee von gestern« sein. Anfang des vorigen Jahrhunderts postulierte Max Otto Bruker die radikale Vollwerternährung als das einzig Seligmachende. Vor wenigen Jahrzehnten, während meines Studiums, galt dann das Fleisch als das Non plus ultra, das mindestens täglich verzehrt werden müsse, um gesund zu bleiben. Dann wieder schwenkte die durch wissenschaftliche Forschungen beflügelte öffentliche Meinung um – wieder hin zu der Überzeugung, dass die Vollwertkost mit viel Obst und Gemüse und wenig Fleisch das Gesündeste sei. Derzeit gibt es zwei große Strömungen: zum einen ist dies der Veganismus und zum anderen das genaue Gegenteil, die Paleo- oder sogenannte Steinzeitdiät mit ihrem überbordenden Fleischkonsum.

Was nun wirklich das Richtige in Bezug auf die Gesundheit unseres Organismus bei der Ernährung ist, wird man abschließend sicherlich nie wissen, und mit Ausnahme der physiologischen Voraussetzungen ist nichts in Stein gemeißelt oder gilt für jeden und jede. Allerdings wird es sich (hoffentlich) nicht mehr ändern, dass wir alle erkennen, welch große Verantwortung wir mit unserer Nahrungsauswahl für andere Lebewesen und für die Umwelt tragen.

In Bezug auf die Gesundheit zumindest meine ich jedoch, dass es »DIE« richtige Ernährung gar nicht geben kann – jedenfalls nicht die richtige Ernährung für JEDERMANN. Ernährung ist immer individuell. Sie muss zu dem einzelnen Menschen passen, zugeschnitten auf die gesundheitlichen Bedürfnisse und die zeitlichen Möglichkeiten, die familiären Umstände, aber auch auf die individuellen Vorlieben. Und letztendlich wird sie sich auch im Laufe eines Menschenlebens mehrfach ändern. Deshalb bitte ich Sie, sich auf der Basis all der Informationen, die Sie hier und insgesamt auf meiner Website bekommen, eine eigene Meinung zu bilden.

Die aus meiner Sicht beste Entscheidung sollte nicht zwischen zwei Extremen – einer veganen oder einer überwiegend fleisch- und tierproduktelastigen Ernährung – getroffen werden, sondern idealerweise zugunsten einer Ernährungsform, die die gesundheitlichen Erfordernisse berücksichtigt und bei der tierische Lebensmittel nach deren einwandfreier Herkunft gewählt und so weit wie möglich reduziert werden – also einer Ernährungsform, die als Flexitarismus bezeichnet wird. Wenn eine solche Entscheidung dann auch noch flexibel gestaltet werden könnte (was ja eigentlich auch in dem Begriff des Flexitarismus enthalten ist), die je nach Situation einmal in die eine Richtung verschärft und ein anderes Mal in die andere Richtung gelockert werden kann, wird die Ernährung nicht zu einem Dogma, sondern zu dem, was die Aufnahme von Speisen sein soll: Ernährung von Körper, Geist und Seele.
 
Empfehlung: Die DorisPaas.de – Lebensmittel-Datenbank

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Beratung

Gerne stehe ich Ihnen mit einer Beratung zur Verfügung, wenn Sie weitere Informationen benötigen, insbesondere dann, wenn Sie Erkrankungen und/oder Nahrungsmittel-Unterträglichkeiten und Allergien zu berücksichtigen haben – auf Wunsch auch telefonisch oder per Zoom oder Skype.

Bitte informieren Sie sich unter dem Menüpunkt »Praxis«.





Lesen Sie hierzu bitte auch folgende Beiträge:
• Fleisch oder kein Fleisch – was ist gesunde Ernährung?
• Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
• Dünndarmfehlbesiedelung
• FODMAP-Diät
• Oligosaccharid-Unverträglichkeit
• Zeitmanagement bei Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
• Entspannung
Nahrungsergänzungsmittel – und welche Grundsätze gilt es zu beachten


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