Letzte Aktualisierung: 2.12.2022

Zöliakie und Gluten-Unverträglichkeit (Gluten-Sensitivität)

Sowohl die Zöliakie als auch die Gluten-Unverträglichkeit sind Formen einer Unverträglichkeit gegenüber dem Getreideeiweiß Gluten (sprich Glutehn, mit Betonung auf der zweiten Silbe).

Hinweis: Da es viele Gemeinsamkeiten bei den beiden Erkrankungsformen gibt, sind die auf dieser Seite zusammengefasst. Es gibt aber auch gravierende Unterschiede, weshalb Sie bitte die Erläuterungen in den einzelnen Abschnitten gut auseinanderhalten müssen. Zur besseren Differenzierung sind die Punkte immer so einander gegenübergestellt, dass Sie diese Eigenschaften gut zuordnen können.

Gluten ist in den Getreidesorten Weizen, Roggen und Gerste und deren Abkömmlingen Dinkel, Grünkern, Emmer, Einkorn und Kamut enthalten. Hafer enthält eigentlich kein Gluten, sondern »nur« ein etwas weniger agressives Protein (Avenin), durch Verunreinigungen mit anderen Körnern können jedoch auch in Haferprodukten nennenswerte Glutenmengen enthalten sein. Somit ist auch Hafer (zumindest aus »normaler« Produktion) für Zöliakie-Betroffene nicht geeignet, es gibt aber spezielle Haferprodukte, die als »glutenfrei« deklariert werden und bei denen eine Kontamination ausgeschlossen wird.. Gluten ist auch unter dem Beinamen »Klebereiweiß« bekannt, weil es beim Backen klebende Eigenschaften hat und u.a. Brotteig zusammenhält und dadurch beim Backen schön aufgehen lässt. Gebäck aus Getreidearten, die frei von Gluten sind, ist eher bröckelig und schwerer zu verbacken.

Da vor allem Weizen, aber auch Roggen und Gerste aufgrund dieser günstigen Eigenschaften als Brot- und Backgetreide, und darüber hinaus auch für Nudeln und andere Teigwaren vermehrt eingesetzt werden, ist unsere Nahrung sehr stark glutenhaltig.

Insbesondere der Weizen wurde in den letzten 50 Jahren u.a. mehr und mehr auf einen hohen Glutengehalt gezüchtet, eben weil das Gluten von der Nahrungsmittelindustrie die oben beschriebenen, erwünschten Eigenschaften hat. Ungeachtet der Tatsache, dass der Verzehr großer Gluten-Mengen für kein menschliches Verdauungssystem vorteilhaft ist – egal, ob man Zöliakie oder eine Gluten-Sensitivität hat oder nicht – wird dieses hochgezüchtete Getreide ohne Rücksicht auf die Folgen für die Verbraucher von der Industrie in allen möglichen Nahrungsmitteln eingesetzt.

Aufgrund der Bindefreudigkeit wird Gluten auch als technischer Hilfsstoff in allen möglichen Nahrungsmitteln wie Wurst- und Fleischwaren, Milchprodukten und Käse, aber auch in Gewürzen und Tee und sogar in Medikamenten verwendet – es gibt keine industriell bearbeitete Nahrungsmittelgruppe, in der nicht Gluten Verwendung finden könnte und die garantiert immer frei von Gluten ist.

Gemeinsam haben Zöliakie und Gluten-Sensitivität, dass in beiden Fällen Gluten unverträglich ist und der Verzehr zu verschiedenen Beschwerden führt. Oftmals sind es Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, häufige Stühle, Durchfälle und/oder Verstopfung. Aber auch die verschiedendsten diffusen Beschwerden, die man zuerst gar nicht mit der Ernährung in Verbindung bringt, können durch Glutenverzehr verursacht werden.

Eine Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der bereits kleinste Spuren von verzehrtem Gluten dazu führen, dass sich das Immunsystem gegen die eigenen Körperzellen – in diesem Falle gegen die Zellen der Dünndarmschleimhaut – richtet und diese nach und nach zerstört.

Gluten-Sensitivität hingegen ist »nur« eine Nahrungsmittel-Intoleranz mit allen Merkmalen einer Unverträglichkeit. Insbesondere ist sie mengenabhängig, d.h. beispielsweise, dass die Intensität der Symptome von der Verzehrmenge abhängig ist. Dies bedeutet, dass Spuren grundsätzlich und meist auch kleinere Mengen Gluten ohne Probleme toleriert werden und keine Beschwerden machen. Andere Bezeichnungen für die Gluten-Sensitivität sind u.a. »nicht-Zöliakie-Weizensensivität«, »non celiac gluten sensitivity« oder »non celiac gluten sensitive enteropathy«.

Zusammengefasst bedeutet dies: Bei beiden Erkrankungen muss Gluten gemieden werden, um beschwerdefrei zu bleiben – bei der Zöliakie absolut konsequent, es werden keine noch so kleinen Glutenmengen vertragen, ohne dass schwere Folgen auftreten. Bei der Gluten-Sensitivität ist eine weitestgehende Meidung erforderlich, Gluten-Spuren oder eine der individuellen Toleranzschwelle entsprechende, kleinere Menge werden jedoch ohne Folgen vertragen.

Ein weiteres Problem, das aber nur scheinbar mit dem Gluten zusammenhängt, könnte eine Weizenallergie sein. Auch hierzu finden Sie auf dieser Seite einen Abschnitt mit Hinweisen.


Zöliakie – was ist das?

Sehen Sie auch das Video zum Thema Videos
Zöliakie – was ist das?






Die Zöliakie ist eine Form von Gluten-Unverträglichkeit, bei der zusätzlich und vor allem zu der Intoleranz von Gluten noch eine autoimmune Reaktion des Körpers hinzukommt. Neben den für jede Nahrungsmittel-Unverträglichkeit typischen Verdauungsbeschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfällen und/oder Verstopfung, treten hier zusätzlich autoimmune (selbstzerstörerische) Reaktionen auf, d.h. das Immunsystem erkennt unter der Einwirkung von Gluten die Dünndarmschleimhaut als Fremdkörper und bekämpft und zerstört deren Zellen.

Darmschleimhaut Wie in der Abbildung 1 schematisch dargestellt, ist die Darmschleimhaut des Dünndarms in die Schleimhautzotten (1) aufgefaltet, und diese Zotten weiter in die so genannten Mikrovilli (2), um eine größtmögliche Fläche zur Aufnahme der Nährstoffe zu erreichen. Wenn bei einer Zöliakie-Erkrankung weiterhin Gluten aufgenommen wird, flachen zuerst die Mikrovilli ab (3), und später sind sowohl die Mikrovilli (4) als auch die Schleimhautzotten je nach Ausprägung der Erkrankung so gut wie gänzlich zerstört (5).

Grundsätzliches lesen Sie auch in dem Beitrag »Die Darmschleimhaut – Aufbau, Funktion, Pflege und Sanierung«.

Ist die Schleimhaut dermaßen geschädigt, treten logischerweise Defizite bei der Ernährung auf, der Patient nimmt meist stark an Gewicht ab, und auch die Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen ist mangelhaft. Hieraus resultieren diverse Symptome und teilweise auch schwere Folgeerkrankungen.

Da zum einen Gluten in so gut wie allen Nahrungsmittelgruppen enthalten sein kann und zum anderen die auftretenden Symptome neben den Verdauungsproblemen sehr diffus sein können, ist der Zusammenhang von Beschwerden mit einem bestimmten Verursacher oftmals schwer herzustellen. Meistens haben die Betroffenen einen recht langen Leidensweg hinter sich, bevor die Diagnose »Zöliakie« gestellt wird. Meist wird eine Zöliakie erst nach mehreren Jahren diagnostiziert – teilweise können auch wesentlich längere Zeiträume erinnert werden.

Im Zuge einer unbehandelten Zöliakie treten sehr häufig auch andere Unverträglichkeiten wie Laktose- und/oder Fruktose- und Sorbit-Intoleranzen auf, weil die geschädigten Darmschleimhautzellen die für die Verdauung dieser Kohlenhydrate erforderlichen Enzyme oder Transportproteine nicht mehr oder nicht mehr ausreichend herstellen können. Hier liegt dann jeweils die sekundäre Erkrankungsform vor, die jedoch häufig reversibel ist, sobald sich die Darmschleimhautzellen regeneriert haben.

Zöliakie-Patienten leiden häufig auch an anderen Autoimmunerkrankungen. Hier sind u.a. die Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow (entzündliche Autoimmunerkrankungen Schilddrüse), Rheuma, Diabetes oder die Hauterkrankung Morbus herpetiformis duhring zu nennen. Aus diesem Grund ist es immer vorteilhaft, sich bei einer Zöliakie-Erkrankung begleitend gründlich untersuchen zu lassen.

Fachausdrücke für Zöliakie sind auch »Glutensensitive Enteropathie« oder »Einheimische Sprue«, wobei der Ausdruck »Sprue« (sprich Spruh) früher nur für Erwachsene benutzt wurde. Heute wird jedoch die Bezeichnung Zöliakie sowohl für Kinder als auch für erwachsene Erkrankte einheitlich benutzt. Neben dem Auslöser Gluten ist die Ursache der Erkrankung genetisch bedingt und kann bis heute noch nicht ursächlich behandelt, d.h. geheilt werden. Die einzig wirksame Behandlung der Zöliakie besteht in der konsequenten Meidung von jeglichem Glutenverzehr (lesen Sie bitte auch den Abschnitt »Behandlung der Zöliakie«).

Die Anzahl der Betroffenen kann nur sehr schwer benannt werden, denn es gibt aufgrund der verzögerten Diagnosestellung und dem oftmals besonders bei Erwachsenen schleichenden Beginn der Erkrankung eine sehr große Dunkelziffer – geschätzt wird, dass in Europa etwa einer von 100-500 Bürgern von Zöliakie betroffen ist.


Gluten-Sensitivität – was ist das?

Früher, als die Nahrung der Menschen neben etwas erjagtem Fleisch vor allem aus gesammelter pflanzlicher Nahrung bestand, wurden nur wenige Getreidekörner verzehrt. Die Getreidesorten trugen damals auch nur einzelne Körner (daher der Name der Weizen-Urform »Einkorn«). Die dicken, schweren Ähren, wie wir sie heute kennen, wurden erst in der Neuzeit gezüchtet, als mit der Sesshaftigkeit verstärkt Ackerbau betrieben wurde. Durch die nun leichtere Ernte enthielt die Nahrung vermehrt Getreide, insbesondere Weizen, und damit mehr und mehr Gluten.

Da das Verdauungssystem von Menschen auch ohne eine Zöliakieveranlagung nicht auf solche Glutenmengen eingerichtet ist – und schon gar nicht auf die drastisch gestiegenen Mengen durch die Neuzüchtungen des Weizens in den letzten 50 Jahren – gibt es immer mehr Menschen, die Probleme damit haben: sie leiden an einer Gluten-Sensitivität (Gluten-Unverträglichkeit) mit allen auch von anderen Intoleranzen bekannten Problemen. Diese sind neben anderen Symptomen vor allem Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfällen und/oder Verstopfung. Die Beschwerden sind, wie bei allen anderen Unverträglichkeiten auch, mengenabhängig, d.h. je mehr Gluten verzehrt wird, desto heftiger sind die Folgen. Sie verschwinden relativ schnell mit dem Einschränken oder gänzlichen Meiden von glutenhaltigen Getreideprodukten, ohne dauerhafte, körperliche Schäden zu hinterlassen.

Auch oder gerade weil die Symptome sehr unangenehem sein können, wird die Gluten-Sensitivität oftmals mit einer Zöliakie verwechselt. Es bestehen jedoch sehr wichtige Unterschiede zwischen diesen beiden Erkrankungen:

Bei einer Gluten-Sensitivität wie auch bei einer Zöliakie ist der Verzehr von Gluten der Auslöser von (Verdauungs)beschwerden. Bei der Zöliakie jedoch wird aufgrund einer autoimmunen Reaktion des Körpers unter Glutenverzehr die Dünndarmschleimhaut geschädigt. Dies ist bei einer Gluten-Sensitivität nicht der Fall.

Auch unter Glutenverzehr bleibt bei einer Gluten-Sensitivität die Schleimhaut des Dünndarms mit ihren Darmzotten und der in die so genannten Mikrovilli weiter aufgefalteten Oberfläche im Großen und Ganzen gesund (siehe Abbildung 2).

Lediglich bei lang anhaltendem und exzessivem Glutenverzehr kann sich – wie bei allen Intoleranzen, bei denen man die adäquate Ernährung missachtet – die Darmflora durch die enstehenden Abfallprodukte (Gase und Säuren) nachteilig verändern, was eine Reizung der Darmschleimhaut nach sich ziehen kann. Eine Abflachung der Darmzotten und Mikrovilli gibt es aber nicht.

Wenn Sie also trotz Vorliegens einer Gluten-Sensitivität in geringen Maßen Weizen-, Roggen-, Gersten- oder andere Gluten-haltige Nahrungsmittel zu sich nehmen, wird Ihnen außer mehr oder weniger unangenehmen Verdauungsproblemen nicht viel passieren. Bei einer Zöliakie hingegen erleiden die Patienten nachhaltige Schädigungen, deren Regeneration je nach Ausprägung Wochen bis Monate in Anspruch nimmt.

Somit ist festzuhalten: Eine Gluten-Sensitivität ist – genauso wie andere Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten – unangenehm und bedeutet Einschränkungen in der Nahrungsauswahl. Jedoch kann der Patient mit Gluten-Sensitivität bei entsprechender Diät vollkommen beschwerdefrei werden und bleiben.



Diagnose der Zöliakie

Die Diagnose einer Zöliakie wird unter einer glutenhaltigen Kost mithilfe der Bestimmung von Antikörpern gegen das Enzym Tissue-Transglutaminase (tTg) und der Endomysium-Antikörper (Ema-Ak) im Blut gestellt. Weiterhin muss eine Dünndarmbiopsie durchgeführt werden, bei der im Zuge einer Magenspiegelung der obere Teil des Dünndarms, der Zwölffingerdarm, betrachtet wird und dabei die Qualität der dortigen Schleimhaut begutachtet wird. Im Zuge dieser Spiegelung werden Proben der Dünndarmschleimhaut entnommen und histologisch begutachtet. Der Zustand der Darmzotten und Krypten wird mithilfe der Marsh-Kriterien bewertet, die von 0 (gesund) bis 3c (vollständig abgeflacht) reichen. Im Zusammenhang mit den Antikörper-Werten kann dann eine sichere Diagnose gestellt werden.

In der Abbildung 1 entsprechen die Kennzeichnungen Nr. 1 und Nr. 2 der Marsh-Kategorisierung 0, also einer gesunden Schleimhaut. Die Kennzeichnung Nr. 3 enspricht etwa dem Marsh-Kriterium 1. Die Kennzeichnungen Nr. 4 und Nr. 5 entsprechen etwa dem Marsh-Kriterium 3c, also einer gänzlich abgeflachten Dünndarmschleimhaut. Die anderen Stufen sind in dieser Abbildung nicht dargestellt.

Wichtiger Hinweis: Eine vorsorglich vor der Diagnostik auf eigenen Faust eingehaltene glutenfreie Kost würde die Diagnose unmöglich machen, weil die Antikörperaktivität unter der glutenfreien Kost abnimmt und sich die Darmschleimhaut schon wieder regenerieren kann. Somit ist die Diagnostik immer nach einer längeren Zeit (mindestens 6 Wochen) mit glutenhaltiger Normalkost vorzunehmen.

Wenn Beschwerden mit Glutenverzehr in Verbindung gebracht werden, die Zöliakie-Diagnostik aber negativ ausgefallen ist, kann ausgetestet werden, ob eine Gluten-Sensitivität vorliegt. Bitte lesen Sie hierzu den Abschnitt »Diagnose der Gluten-Sensitivität«. Dabei wird mithilfe einer weitestgehend glutenfreien Kost (Karenz) und dem gleichzeitigen Führen eines Verzehr- und Symptomtagebuchs ausgetestet, ob eine Gluten-Unverträglichkeit ohne Zöliakie vorliegt. Diese Diagnostik darf aber – wie gesagt – erst druchgeführt werden, wenn aufgrund des Schleimhautbefunds und der Antikörper-Werte eine Zöliakie ausgeschlossen ist.

Zuvor sollte jedoch auch unbedingt getestet werden, ob andere Unverträglichkeiten wie eine Laktose-Unverträglichkeit und/oder Fruktose-Malabsorption vorliegen, um diese Verursacher von Beschwerden auszuschließen oder zu diagnostizieren. Lesen Sie hierzu die Beiträge Diagnose-Methoden zur Ermittlung einer Laktose-Intoleranz und Diagnose-Methoden zur Ermittlung einer Fruktose-Intoleranz

Im Gegensatz zur Zöliakie ist bei der Gluten-Unverträglichkeit weder eine abgeflachte Darmschleimhaut noch eine Erhöhung der tTg-Antikörper festzustellen. Und wie bei jeder anderen Unverträglichkeit auch werden Spuren oder sogar kleinere Mengen des unverträglichen Stoffs, in diesem Falle von Gluten, die in vielen Nahrungsmitteln enthalten sind, problemlos toleriert, so dass ein absolutes Meiden nicht erforderlich ist Bitte lesen Sie hierzu den Abschnitt »Behandlung der Gluten-Sensitivität«.


Behandlung der Zöliakie

Bei der Zöliakie besteht die wichtigste Behandlungsform im Meiden von Gluten – hier und ein absolutes, striktes Meiden erforderlich. Selbst kleinste Spuren von Gluten führen nicht nur unweigerlich wieder zu Beschwerden, zusätzlich wird auch die Darmschleimhaut weiter oder wieder geschädigt, weil der autoimmune Zerstörungsprozess sofort wieder einsetzt. Sobald die Nahrung keinerlei Gluten mehr enthält, kann sich die geschädigte Darmschleimhaut wieder regenerieren, was je nach Vorschädigung allerdings Monate bis sogar Jahre dauert. In besonders schweren Fällen, in denen eine jahrzehntelange Schädigung durch eine unentdeckte Zöliakie vorliegt, wird sich die Darmschleimhaut eventuell nicht wieder bis zu ihrer vollen Stärke, sondern nur zum Teil, trotzdem aber immer deutlich, regenerieren können. Auch die Werte der Zöliakie-Antikörper gehen unter konsequentem Glutenverzicht zurück.

Somit müssen Sie bei einer Zöliakie immer die Hinweise auf den Lebensmittelverpackungen studieren. Die Deklaration von Gluten ist auf Nahrungsmitteln gesetzlich vorgeschrieben, sofern nicht ein Glutengehalt durch die aufgeführten Inhaltsstoffe Weizen, Roggen und/oder Gerste auf der Hand liegt (siehe auch Abschnitt »Spezielle Nahrungsmittel«).

Bei unverpackten Produkten (beim Bäcker, Metzger oder an Imbissbuden und in Restaurants und Kantinen) müssen Menschen mit Zöliakie immer nach den ausliegenden oder -hängenden Listen fragen und schauen, ob die Nahrungsmittel Gluten enthalten. Seit Dezember 2014 ist im Verkauf offener Lebensmittel das Auslegen dieser Listen mit Inhaltsstoffen gesetzlich verpflichtend. Im Zweifelsfalle, wenn man nicht genau ermitteln kann, ob ein Glutengehalt möglich ist, ist es immer besser, sich für eine Alternative zu entscheiden. Wenn jedoch in einem Geschäft (insbesondere bei einem Bäcker) auch glutenhaltige Lebensmittel offen angeboten werden, ist es ratsam, dort nur verpackte glutenfreie Produkte zu kaufen, denn ansonsten wäre eine Kontamination nicht zuverlässig auszuschließen.

Zusätzlich zur absoluten Glutenkarenz sind bei einer Zöliakie oftmals auch begleitende, vorübergehende Nahrungsergänzungen mit Vitaminen und/oder Mineralstoffen erforderlich, solange die geschädigte Darmschleimhaut noch nicht in der Lage ist, die Nahrung korrekt und gänzlich zu verdauen. Hier ist immer eine genaue Diagnostik durch den behandelnden Arzt erforderlich, um dann die fehlenden Vitalstoffe zu identifizieren und gezielt zu verordnen. Von einer Eigenbehandlung »nach dem Gießkannenprinzip« ist dringend abzuraten, vor allem auch, weil hier unbedingt streng glutenfreie Präparate erforderlich sind.

Wenn durch die vorangegangene Schädigung der Dünndarmschleimhaut weitere Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten wie z.B. eine Laktose- und/oder Fruktose-Malabsorption entstanden sind, ist diesen selbstverständlich – zumindest bis zu deren Abklingen – mit einer adäquaten Ernährung zu begegnen. Lesen Sie hierzu bitte die Beiträge »Behandlung« der Laktose-Intoleranz und »Behandlung« der Fruktose-Intoleranz (Fruktose-Malabsorption).


Diagnose der Gluten-Sensitivität

Die Diagnose einer Gluten-Senstitivität kann erst nach einer Zöliakie-Diagnostik durchgeführt werden (bitte lesen Sie hierzu den Abschnitt »Behandlung der Zöliakie«). Dies bedeutet, dass Sie unter einem normalen, mindestens 6-wöchigen Glutenverzehr Ihre Antikörperwerte im Blut bestimmen lassen müssen. Weiterhin muss eine Spiegelung des Magens und im gleichen Zuge eine Spiegelung des Zwölffingerdarms mit mehreren Biopsien (Probeentnahmen) der dortigen Schleimhaut vorgenommen werden.

Erst, wenn ermittelt wurde, dass keine der Zöliakie-typischen Antikörper im Blut vorhanden sind und Ihre Darmschleimhaut – so wie auf der Abbildung 2 dargestellt – gesund ist, die Beschwerden aber eindeutig mit dem Glutenverzehr in Verbindung gebracht werden, kann mithilfe einer weitestgehend glutenfreien Kost (Karenz) ausgetestet werden, ob eine Gluten-Unverträglichkeit ohne Zöliakie vorliegt.

Wie bei der Zöliakie sollten zuvor auch mit geeigneten Tests (Wasserstoff- und Methan-Atemtest) ermittelt werden, ob andere Unverträglichkeiten vorliegen.

Zur Diagnose der Gluten-Sensitivität ist das Führen eines Verzehr- und Symptomtagebuchs (Ernährungstagebuch) über mehrere Wochen erforderlich. Sie müssen dabei sämtliche verzehrten Nahrungsmittel, Getränke und Medikamente und die eventuell auftretenden Beschwerden protokollieren. Dabei müssen Sie natürlich weiterhin Gluten verzehren, um den Zusammenhang zwischen den Beschwerden und dem Glutenverzehr herstellen zu können. Einen kostenlosen Vordruck für ein Ernährungstagebuch finden Sie auf dieser Website unter dem Menüpunkt »Downloads«.

Erst wenn nach einem negeativen Zöliakiebefund aus dem Ernährungstagebuch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Glutenverzehr und Beschwerden erkennbar ist, ist die Diagnose »Gluten-Sensitivität« wahrscheinlich und ein Minimieren des Glutenverzehrs sinnvoll.


Behandlung der Gluten-Sensitivität

Bei der Gluten-Unverträglichkeit ist es erforderlich, den Verzehr von Gluten weitestgehend zu meiden. Spuren von Gluten werden immer und kleinere Mengen je nach Ausprägung der individuellen Toleranzschwelle in den allermeisten Fällen toleriert, ohne dass Beschwerden auftreten.

Analog zu den Ausführungen im Abschnitt »Behandlung der Zöliakie« müssen Sie sich auch bei einer Gluten-Sensitivität immer informieren, ob in den vor Ihnen gekauften Nahrungsmitteln Gluten enthalten ist. Steht dort allerdings lediglich ein Hinweis, dass das Produkt »Spuren von Gluten enthalten kann«, so ist ein Verzehr dieses Nahrungsmittels bei Gluten-Sensitivität unbedenklich.

Verzehrt man versehentlich (oder wissentlich) Gluten, folgen die bekannten Probleme wie Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfälle und/oder Verstopfung, die jedoch nach kurzer Zeit verschwinden, sobald der Glutenverzehr unterbleibt. Gravierendere Probleme oder gar Folgeerkrankungen gibt es nicht.

Da bei einer Gluten-Sensitivität im Gegensatz zur Zöliakie keine Schädigung der Dünndarmschleimhaut vorliegt, sind behandlungsbedürftige Mangelerscheinungen nicht zu erwarten. Hier mit Nahrungsergänzungsmitteln zu arbeiten – erst recht in eigener Regie – ist in den allermeisten Fällen nicht erforderlich.


Weizenallergie

Neben der Zöliakie und der Gluten-Sensitivität kann es einen weiteren Grund geben, wenn Patienten nach dem Verzehr von Weizen mit Verdauungsbeschwerden oder sonstigen Symptomen reagieren: die Weizenallergie.

Bei der Weizenallergie können verschiedene Proteine (z.B. Gluten oder Gliadin) des Weizens allergen wirken. Um hier die Unterschiede zur Zöliakie und zur Gluten-Sensitivität zu entwirren, möchte ich ein wenig ausholen:

Bei der Weizenallergie lernt das Immunsystem zunächst unbemerkt während einer Sensibilisierungsphase spezifische, nur für dieses Allergen »passende« Antikörper (das entsprechende Weizenprotein) zu bilden, die dann später nach Ausbruch der Allergie bei Verzehr des Allergens sofort in Mengen produziert und ausgeschüttet werden. Dabei ist die Menge des verzehrten Allergens so gut wie unerheblich (Mengenunabhängigkeit) – es können manchmal auch bei sehr kleinen Weizenmengen (Spuren) massive allergische Reaktionen auftreten bis hin zum lebensbedrohlichen, anaphylaktischen Schock. Die Symptome können neben Verdauungsbeschwerden überall im Körper auftreten, zu nennen sind hier u.a. laufende Nase, tränende Augen, asthmatische Beschwerden, Ekzeme, Kopfschmerzen und viele andere. Es besteht also eine Ortsunabhängigkeit.

Die Weizenallergie kann mit den üblichen Methoden für Allergien diagnostiziert werden. Hier ist vor allem der Prick-Test zu nennen, bei dem das Allergen in einer Lösung auf die Haut des Unterarms getropft wird. Anschließend ritzt man mit einer feinen Nadel die Haut unter diesem Tropfen an, um das Allergen in die Haut zu bringen. Danach wird über Stunden und Tage beobachtet, ob und in welchem Maße sich die Haut um diese Stelle rötet oder sogar Quaddeln bildet. Je intensiver die Reaktion ausfällt, desto ausgeprägter ist die Allergie. Weiterhin trägt eine Blutuntersuchung, bei der bestimmte Parameter (IgE) bestimmt werden, zur Diagnosefindung bei.

Wie bei der Gluten-Sensitivität werden bei der Weizenallergie die Zellen der Darmschleimhaut nicht zerstört. Bei unkontrolliertem Weizenverzehr können jedoch neben den allergie-typischen, teils schweren Problemen auch die Darmflora geschädigt und in diesem Zuge die Darmschleimhaut zumindest gereizt werden. Ein konsequenter Verzicht auf weizenhaltige Nahrungsmittel ist also auch dann unerlässlich, wenn die allergischen Symptome moderat ausfallen.

Eine Allergie auf Weizen betrifft in den überwiegenden Fällen Kinder. Ein Grund dafür könnte sein, dass Kinder im Vergleich zu Erwachsenen noch eine eingeschränktere Lebensmittelauswahl haben, so dass sich hier ein noch nicht vollständig ausgereiftes Verdauungssystem mit diesen wenigen Lebensmitteln auseinandersetzen muss, die oftmals auch noch ein sehr hohes allergenes Potenzial aufzeigen. Aus dem gleichen Grund sind bei Kindern auch gehäuft Allergien auf Kuhmilcheiweiß zu beobachten. Interessant ist, dass sich diese kindlichen Nahrungsmittel-Allergien häufig unter einer strengen Karenz bis etwa zum Schuleintritt zurück entwickeln und anschließend vorsichtig und in kleinen Mengen die ehemals problematischen Lebensmittel wieder verzehrt werden können, was sich im Umkehrschluss auf das reifende Verdauungssystem und eine umfangreicher werdende Nahrungsmittelpalette zurückführen lassen könnte. Solche »Heilungen« sind bei Allergien von Erwachsenen nicht zu beobachten.

Zu bedenken geben möchte ich abschließend folgendes: Der Weizen ist in seiner in den letzten 5 bis 6 Jahrzehnten hochgezüchteten Form ein relativ unbekömmliches Nahrungsmittel geworden – insbesondere durch seinen im Vergleich zu der Ursprungsform rasant gestiegenen Glutengehalt. Ihn gänzlich zu meiden, ist bei einer Zöliakie und einer Weizenallergie natürlich zwingend erforderlich, und auch bei einer Gluten-Sensitivität müssen Weizen und andere glutenhaltige Getreidesorten weitestgehend minimiert werden.

Aber auch Menschen, die scheinbar (noch) keine Probleme mit dem Weizen haben, sollten überlegen, ob ein potenziell allergen oder in vielen anderen Weisen unbekömmlich oder sogar krank machend wirkendes Nahrungsmittel in den Mengen konsumiert werden sollte, wie es bei uns leider in immer höherem Maße üblich wird. Hier trägt leider auch die Nahrungsmittel-Industrie eine hohe Mitschuld, denn Weizen und Weizenbestandteile, die zudem als Vollkornvariante den Ruf eines »gesunden« Nahrungsmittels haben, finden als billige Zutat in so gut wie allen Nahrungsmittel-Gruppen ihren Einsatz.

Dies könnte auch ein Grund sein, warum die Weizenallergie neben der oben angesprochenen Erkrankung im Kindesalter in letzter Zeit auch mehr und mehr bei Erwachsenen zu beobachten ist. Es ist bekannt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen einem einseitig und in großer Menge verzehrten Lebensmittel und dem Auftreten der entsprechenden Allergie. Dadurch, dass Weizen in industriellen inzwischen Produkten allgegenwärtig ist und unsere Nahrung immer einseitiger und immer weizenhaltiger wird, lässt sich ein Verzehr nur mit einer sehr bewussten Ernährungsweise vermeiden oder zumindest auf ein verträgliches Maß minimieren. So verwundert es nicht, dass Weizenallergien im Vormarsch sind.

Ein in diesem Zusammenhang empfehlenswertes Buch ist der Titel »Weizenwampe« von Dr. med. William Davis. Er kommt hier zwar sehr dogmatisch zu dem Fazit, dass Weizen IMMER schädlich sei, und empfiehlt einen generellen Verzicht. Zu dieser Schlussfolgerung möchte ich in dieser Ausschließlichkeit so nicht kommen, jedoch sind die Hintergründe, die in diesem Buch geschildert werden, auf jeden Fall interessant. Vor allem aber regen die Gedanken, die Davis sich über den Weizen macht, zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit diesem Nahrungsmittel an. Lesen Sie hierzu bitte auch meine Buchrezension.


Spezielle Nahrungsmittel

Mittlerweile hat auch die Nahrungsmittelindustrie die Zöliakie-Betroffenen und Menschen mit Gluten-Sensitivität als potenzielle Käufergruppe erkannt und bietet eine immer größer werdende Menge an glutenfreien Produkten an. Diese sind gekennzeichnet durch ein Symbol mit der durchgestrichenen Ähre.

Neben einem erfreulicherweise immer größer werdenden, explizit als glutenfrei gekennzeichneten Lebensmittel-Angebot auch in den Supermärkten haben sich zusätzlich diverse Unternehmen auf den Versand von glutenfreien Produkten spezialisiert – teilweise als Teilbereich von Versandhäusern für Menschen mit allen möglichen Allergien. Hier sind dann mit dem Filter »Gluten« die benötigten Produkte auswählbar. Und natürlich können auch Mehrfachfilter gesetzt werden, wenn neben der Zöliakie oder Gluten-Unverträglichkeit noch weitere Intoleranzen vorliegen. Empfehlenswert sind (neben vielen anderen):
Foodoase: www.foodoase.de
Glutenfrei genießen: www.glutenfreigeniessen.de
Hammermühle: www.hammermuehle-shop.de
Querfood-Versand: www.querfood.de


Deutsche Zöliakie Gesellschaft

Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.


Sich weitestgehend oder sogar wirklich völlig glutenfrei zu ernähren, ist insbesondere am Anfang gleich nach der Diagnose gar nicht so einfach. Auch wenn es gesetzlich vorgeschrieben ist, auf verpackten Nahrungsmitteln einen Glutengehalt zu deklarieren, können doch Kontaminationen auftreten, die (unbeabsichtigt) nicht ersichtlich sind. Und es passiert auch gar nicht so selten, dass man einen deklarierten Glutengehalt auf den meist sehr klein gedruckten Zutatenlisten schlichtweg übersieht.

Aus diesem Grund ist es zumindest für Zöliakie-Patienten ratsam, als Betroffener Mitglied bei der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. zu werden (www.dzg-online.de). Diese Vereinigung gibt jedes Jahr eine Liste mit all jenen Produkten in Buchform und als App heraus, die kein Gluten enthalten und unbedenklich verzehrt werden können (Positiv-Liste). Für diese Liste gibt es quartalsweise kleinere Updates, so dass man immer sicher sein kann, wirklich auf dem aktuellen Stand zu sein.

Auch bei einer Gluten-Unverträglichkeit empfiehlt sich – zumindest für eine erste Zeit – die Mitgliedschaft bei der DZG, damit man in die glutenfreie Kost hinein findet und Fallen vermeiden kann.

Weiterhin gibt die DZG auch unersetzliche Tipps – vor allem für die erste Zeit nach der Diagnose, aber auch für das Zusammenleben (und Zusammenessen) mit Nichtbetroffenen. Darüber hinaus kann man sich in einem Forum mit anderen Betroffenen austauschen. Gerade, wenn die nicht ganz einfache Diagnose erst einmal »verdaut« werden muss, können Tipps von »alten Hasen« sehr gut weiterhelfen.

Falls es eine Gruppe in Ihrer Nähe gibt, kann ich Ihnen auch den Besuch einer Selbsthilfegruppe für Betroffene von Zöliakie und Gluten-Sensitivität empfehlen, um sich hier mit erfahrenen »Zölis« austauschen zu können. Die DZG sendet Ihnen auf Anfrage Adressen von Gesprächsgruppen in Ihrer Nähe zu.


 
Beratung

Gerne biete ich Ihnen eine individuelle Beratung an – auf Wunsch auch telefonisch oder per Zoom oder Skype.
Bitte informieren Sie sich unter dem Menüpunkt »Praxis«.





Lesen Sie bitte weiterhin folgende Beiträge:
Multiple Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
Darmschleimhaut – Aufbau, Funktionen, Pflege und Sanierung


Empfehlenswerte Literatur:
Zöliakie und Gluten-Sensitivität


home video small Empfehlung:
Eine zusätzliche Hilfe bei der Ermittlung geeigneter Lebensmittel stellt die
»DorisPaas.de – Lebensmittel-Datenbank« dar. Informieren Sie sich hier.





nach oben