Letzte Aktualisierung: 14.4.2018

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Facebookeintrag vom 10.8.2012
zu einem Beitrag in der Zeitschrift Freundin (Ausgabe 6/2012):

»Was kann ich noch essen«
Von Barbara Sonnentag

Der Beitrag in der »Freundin« befasst sich auf 3 Seiten (inkl. großformatigen Bildern) mit den Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten Gluten, Laktose, Fruktose und Histamin. Augenfällig aufgemachte Prozentzahlen spiegeln den Tenor des Beitrags: »30% glauben, an einer Nahrungsmittel-Unverträglichkeit zu leiden, die tatsächlichen Zahlen sind jedoch niedriger.« Und weiter: »30% reagieren schon auf geringe Mengen Fruktose mit Bauchschmerzen.« Allein schon diese Teaser zeigen die Ungenauigkeit der Recherche, vor allem aber die Stoßrichtung dieses Beitrags auf.

Vorab: Ich finde es gut, dass immer mehr Medien sich des Themas »Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten« annehmen und versuchen, auch die Nicht-Betoffenen aufzuklären und bei ihnen Verständnis für die Probleme zu wecken (die Betroffenen haben sich ohnehin meistens damit befasst und sind mehr oder weniger informiert).

Leider jedoch sind die meisten Beiträge dieser Art recht oberflächlich recherchiert. Wie der weiter unten in diesem Blog angeführte Beitrag im Tagesspiegel vom 6.8.12 und die Veröffentlichung der Verbraucherzentrale Hamburg vom gleichen Tage ist weist auch der Beitrag in der Zeitschrift »Freundin« vom 11.7.2012 ärgerliche Ungenauigkeiten auf:

Er beginnt mit einem Abschnitt über Gluten und versucht hier auf allerkleinstem Raum von noch nicht einmal einer Spalte die Zöliakie zu umreißen, ohne der Dramatik dieser ersten Erkrankung gerecht werden zu können. Dass hier bei der »Behandlung« bzw. der erforderlichen Diät absolute Konsequenz ohne die kleinste Ausnahme zu beachten ist, wird nicht erwähnt, obwohl der Verfasser als Experte bezeichnet wird. Die Bemerkung, »Lebenslanger Verzicht auf Gluten ist das Einzige, was man tun kann. Dann heilt die Krankheit meist völlig ab« ist zumindest missverständlich. Ja, es wird von »lebenslangem Verzicht« gesprochen, aber die Krankheit heilt mitnichten ab, sondern nur die Symptome. Hier hätte ich mir eine korrektere und unmissverständlichere Beschreibung gewünscht.

Auch fällt hier trotz der allgemeinen Überschrift »Gluten« leider die Gluten-Unverträglichkeit unter den Tisch, von der ebenfalls immer mehr Menschen betroffen sind. Dies aber mag dem Platzmangel geschuldet sein.

Der nächste Abschnitt behandelt die Laktose-Intoleranz, zumindest zuerst einmal völlig korrekt als »genetischer Normalzustand« bezeichnet. Im Großen und Ganzen richtig umrissen, mündet er jedoch leider, wie die oben erwähnten Beiträge des Tagesspiegel und der Verbraucherzentrale auch in der Feststellung, dass »Die meisten Betroffenen ... [Laktose] in geringen Mengen oder in vergorener Form, etwa als reifen Käse oder Sauermilch« vertragen. Dies erweckt den Eindruck, dass es schon nicht so schlimm ist, mal ab und an einen Joghurt zu essen. Es ist zwar der »Sauermilchjoghurt« erwähnt, dass aber erstens die meisten Joghurts als Industrieprodukte teils massig Laktose enthalten und zweitens eben auch nicht nur einige, sondern ziemlich viele Betroffene trotz der individuellen Verträglichkeitsgrenzen lieber auch auf Produkte, die nur geringe Laktosemengen enthalten verzichten – es zumindest aber selbst in der Hand haben wollen und nicht von der Nahrungsmittelindustrie aufgezwungen bekommen wollen, fällt offensichtlich dem geringen Beitragsumfang zum Opfer.

Weiter geht es mit der Beschreibung der Fruktose-Intoleranz. Auf knapp einer Spalte wird nicht nur umrissen, was Fruktaose-Intoleranz ist, sondern (in diesem Falle überflüssigerweise) auch noch Platz verschwendet mit der Hinzunahme der angeborenen Intoleranz, die – wie korrekt beschrieben – äußerst selten ist (hier also kaum interessant ist). Hier fließen dann Erklärungen ein, dass sich »hinter den Süßstoffen Sorbit, Mannit und Xylit« ebenfalls Fruktose »verberge«. Zum einen: Sorbit, Mannit und Xylit sind keine »Süßstoffe, sondern Zuckeralkohole, und es »verbirgt« sich auch keine Fruktose dahinter. Zugegebenermaßen haben die meisten Menschen mit Fruktose-Intoleranz auch Probleme mit den Zuckeralkoholen, weil diese die gleichen Verwertungssystem benutzen, dasselbe ist es aber nicht. Bei allem Verständnis für Platzmangel: dann bitte lieber Unwichtigeres weglassen als Falsches zu schreiben.

Der Beitrag schließt mit einer knappen Spalte über die Histamin-Unverträglichkeit und beschreibt: »Sie ist so etwas wie eine Modediagnose, die gern im Internet gegoogelt wird« und schließt mit dem Satz »In der Apotheke gibt es das Abbauenzym ... in Kapselform«. Es mag stimmen, dass tatsächlich weniger Menschen an einer Histamin-Unverträglichkeit leiden, als angenommen. Aber zumindest für diese Betroffenen ist die Bemerkung wenig hilfreich, die Unverträglichkeit könne mal so einfach mit dem Einnehmen einer Kapsel behandelt werden.

Und außerdem ist die Tatsache, dass viele einen solchen Verdacht hegen, weil sie immer wiederkehrende Verdauungsprobleme haben und alles andere bereits ausgeschlossen haben, allein schon bemerkenswert genug und sollte nicht Anlass zu abfällig wirkenden Beschreibungen geben. Hier macht es sich der Experte also ein wenig zu einfach und wird zumindest all denen in keinster Weise gerecht, die an dieser wirklich nur sehr schwer handelbaren Unverträglichkeit leiden.

Ein ganz wichtiger Aspekt und die zwingende Schlussfolgerung für alle Unverträglichkeiten wird leider nicht erwähnt: Dass die Nahrungsmittelindustrie endlich verpflichtet werden soll und muss, zum einen alle möglichen und unmöglichen Zusatzstoffe in die Nahrungsmittel zu panschen, die dadurch den Anspruch auf die Bezeichnung »Lebens«mittel verwirkt haben. Und zum anderen sollte es so rasch wie möglich (und ohne jahre- oder sogar jahrzehntelange Vorlaufszeiten für die Wirtschaft) verpflichtend sein, die Zutatenlisten als Komplettdeklarationen in verständlicher Form, ausreichnder Schriftgröße und an exponierter Stelle anzubringen.

Dass diese Zutatenlisten irgendwann einmal eine überschaubare Länge bekommen und (zumindest weitestgehend) ohne E-Nummern auskommen, wird wohl (m)ein Wunschtraum bleiben.

Nichtsdestotrotz ist es, um wieder auf meinen einleitenden Satz zurück zu kommen, zu begrüßen, wenn auch in Zeitschriften wie der Freundin über Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten berichtet wird. Ich würde mir hierfür jedoch mehr Raum und damit eine korrektere Berichterstattung wünschen. Alternativ böte sich an, nicht alle Unverträglichkeiten in einen Beitrag zu quetschen, sondern als Serie in mehreren aufeinanderfolgenen Heften umfassender zu beschreiben.

Und wer nun wirklich mehr zu den beschriebenen Unverträglichkeiten wissen möchte, sei auf meine Website verwiesen: www.dorispaas.de

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