Wie bei den bekannten Unverträglichkeiten von Laktose (Milchzucker) und Fruktose
(Fruchtzucker) gibt es auch eine Unverträglichkeit von bestimmten
Mehrfachzuckern – den Oligosacchariden.
Oligosaccharide sind aus 3-9 Einfachzuckern (Monosacchariden) gleicher oder
verschiedener Art zu Ketten zusammengesetzt. Wie alle Mehrfachzucker (Disaccharide,
Oligosaccharide und Polysaccharide) sind für die Verdauung von Oligosacchariden
Enzyme erforderlich, die dafür sorgen, dass diese Kohlenhydrate in die einzelnen
Bausteine (Monosaccharide) aufgespalten werden, um durch die Zellzwischenräume
der Dünndarmschleimhaut aufgenommen und ins Blut gelangen zu können.
Fehlen diese für jeden Mehrfachzucker spezifischen Enzyme oder sind sie nicht
in einer der Verzehrmenge entsprechenden Menge vorhanden, gelangen die unaufgespaltenen
Nahrungsbestandteile in den Dickdarm, wo sie von Darmbakterien vergoren werden.
Dabei entstehen mehr oder weniger große Mengen von Gasen und Säuren als
Abfallprodukte. Dies führt zu den für alle Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
typischen Beschwerden wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfälle. Manche
Menschen haben mehr, andere weniger Probleme, was wahrscheinlich mit der Zusammensetzung
der individuellen Darmflora zusammenhängt.
Insbesondere die Verdauung der Fruktane (Verbindungen aus einem Saccharose- und
mehreren Fruktosemolekülen) und der Galaktane (Verbindungen aus mehreren
Galaktose-Bausteinen) ist problematisch - ganz besonders bei der Raffinose, Stachyose
und Verbascose, denn für diese kurzkettigen Oligosaccharide werden im menschlichen
Verdauungssystem keine Enzyme gebildet. Diese Mehrfachzucker sind in allen Kohlsorten
und den Hülsenfrüchten enthalten – und wer kennt nicht Sprüche
wie »Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen« und ähnliche?
Bekanntheitsgrad der Oligosaccharid-Unverträglichkeit
Die Unverträglichkeiten von Laktose, aber auch von Fruktose und Sorbit sind
glücklicherweise bereits gut im Bewusstsein der Ärzte angekommen. Damit
werden auch schnellere Diagnosen bei den Betroffenen gestellt als noch vor einigen
Jahren. Die Oligosaccharid- Unverträglichkeit ist jedoch in Europa leider
noch so gut wie unbekannt.
In Australien gibt es Untersuchungen der Ärztin Dr. Sue Shepheard, die die
Gruppe der Oligosaccharide und verschiedene, für Unverträglichkeiten
häufig verantwortliche Mono- und Disaccharide, aber auch die Polysaccharide
(Ballaststoffe) unter dem Oberbegriff FODMAPS zusammenfasst und eine entsprechende
Diät empfiehlt, um Beschwerden vorzubeugen (
http://shepherdworks.com.au/disease-information/low-fodmap-diet).
Da aber auch bei uns immer mehr Menschen Probleme mit diesen Kohlenhydraten haben,
wird es Zeit, auch hier die Oligosaccharid-Unverträglichkeit ins Licht der
Öffentlichkeit zu rücken, um den Patienten lange Leidenswege zu ersparen.
In welchen Lebensmitteln sind Oligosaccharide enthalten?
Oligosaccharide sind in nennenswerten Mengen nur in Pflanzen enthalten. Tierische
Lebensmittel wie Fleisch oder Fisch enthalten diese Kohlenhydrate normalerweise nicht,
lediglich Milch enthält geringe Mengen an Oligosacchariden. Achtung ist
jedoch bei industriell bearbeiteten tierischen Nahrungsmitteln (Wurst, Fleisch-
und Fischzubereitungen) und vor allem Fertiggerichten geboten, denn hier ist
völlig offen, was die Hersteller in ihre Produkte mischen. Insbesondere
können hier die diversen Lebensmittelzusatzstoffe wie Gelier-, Binde- und
Verdickungsmittel zu einem nicht unbeträchtlichen Oligosaccharidgehalt beitragen.
U.a. folgende Lebensmittel (alphabetisch geordnet)
enthalten Oligosaccharide in
nennenswerten Mengen:
Gemüse
Bärlauch, Bohnen (alle Sorten), Chicoree, Chili (als Frischware und als
Gewürz und Gewürzzutat wie u.a. in Sambal Olek), Endivien, Erbsen (auch
Zucker- und Kaiserschoten), Fenchel, Gurken, Kartoffeln, Karotten, Kichererbsen,
Knoblauch, Kohl (alle Sorten: Blumen-, Rosen-, Weiß-, Rot- und Grünkohl,
Kohlrabi, Brokkoli etc.), Kopfsalat, Lauch (Porree), Linsen (alle Sorten), Mais,
Paprika, Pastinaken, Petersilie, Pilze, Radischen, Rhabarber, Rote Beete, Sauerkraut,
Schwarzwurzeln, Sojabohnen (auch Sojamilch, Tofu usw.), Spargel, Spinat, Zwiebeln
Obst
Avocados, Bananen, Kiwis, Orangen
Nüsse und Nussähnliche
Erdnüsse und Erdnussbutter, Pistazien
Korn und Brot
Cerealien (Cornflakes, Müsli usw.), Gerste (Gersten(vollkorn)mehl,
Gerstengraupen), Hafer (Hafermehl, Haferflocken, Haferkleie), Hirse (Hirsemehl,
Hirseflocken), Leinsamen, Roggen (Roggen(vollkorn)mehl), Sonnenblumenkerne,
Vollkornbrot, Weizen (Weizen(vollkorn)mehl, Weizenkleie, Seitan)
Getränke
Ersatzkaffee (Weizen-, Roggen-, Zichorien-, Malzkaffee wie u.a. Caro Kaffee, Kathreiners)
Lebensmittelzusatzstoffe
Agar-Agar (E406), Carrageen (E407), Guarkernmehl (E412), Johannisbrotkernmehl (E410)
Präbiotika
Inulin, Oligofruktose
Hinweis: In der
DorisPaas.de – Lebensmittel-Datenbank
finden Sie noch sehr viel mehr Lebensmittel, die auf ihre Verträglichkeit u.a. in
Bezug auf die Oligosaccharid-Unverträglichkeit getestet wurden.
Zusammenhang mit anderen Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und dem Reizdarm-Syndrom
Sehr häufig tritt die Oligosaccharid-Unverträglichkeit in Zusammenhang
mit einer
Fruchtzucker-Unverträglichkeit auf. Oftmals sind die Betroffenen,
die hier bereits alle erforderlichen Ernährungsregeln einhalten ganz verzweifelt,
weil sie trotz allem immer wieder quälende Beschwerden haben.
Weiterhin kann es schwierig sein, eine Abgrenzung und Unterscheidung zwischen einer
Gluten-Sensitivität (Gluten-Unverträglichkeit ohne autoimmune
Beteiligung wie bei der Zöliakie) oder auch einer
Weizenallergie
zu ziehen, denn sowohl bei diesen beiden Erkrankungen als auch bei der
Oligosaccharid-Unverträglichkeit ist der Weizen bzw. weitere glutenhaltige
Getreidearten der Auslöser von Beschwerden.
Eben aufgrund dieser Schwierigkeiten und – vor allem – aufgrund des noch
fehlenden Bekanntheitsgrades der Oligosaccharid-Unverträglichkeit wird heute
leider viel zu oft die Diagnose »
Reizdarm-Syndrom« gestellt,
dessen Behandlung überwiegend symptomatisch und nicht durch eine wirkliche Beseitigung der Ursachen erfolgt.
Somit ist es unbedingt erforderlich, dass sich das medizinische Fachpersonal
(Ärzte, Heilpraktiker, Ernährungs- und Gesundheitsberater) über
diese Nahrungsmittel-Unverträglichkeit informiert und zuerst abklärt,
ob ggf. eine Oligosaccharid-Unverträglichkeit vorliegt, bevor die für den
Patienten eher diffuse Reizdarm-Diagnose ausgesprochen wird.
Oftmals werden Verdauungsprobleme, die denen der Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
gleichen, auch von einer unzureichenden
Gallenfunktion verursacht oder
zumindest verstärkt. Lassen Sie ggf. von einem qualifizierten Arzt abklären,
ob dieses Organ bei Ihnen ausreichend arbeitet oder ob Sie u.U. sogar Gallensteine
haben, die mit der Gallenblase entfern werden müssten (lesen Sie hierzu auch den Beitrag
»
Verdauungsbeschwerden durch
Gallenfunktionsstörungen«.
Ist die Oligosaccharid-Unverträglichkeit heilbar?
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten sind – sofern sie nicht durch eine
entzündliche Darmerkrankung hervorgerufen wurden – nicht heilbar.
Sie können lediglich versuchen, durch eine angepasste Ernährung, die
Pflege von Darmschleimhaut und Darmflora und ggf. mit Unterstützung von
Enzym-Präparaten oder auch geeigneten
Naturheilmethoden die
Ausprägung von Beschwerden so gering wie möglich zu halten.
Empfehlung:
Eine zusätzliche Hilfe bei der Ermittlung geeigneter Lebensmittel stellt die
»
DorisPaas.de – Lebensmittel-Datenbank« dar.
Informieren Sie sich hier.
Lesen Sie hierzu auch folgende Beiträge:
Diagnose der Oligosaccharid-Unverträglichkeit
Behandlung der Oligosaccharid-Unverträglichkeit
Multiple Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
Empfehlenswerte Literatur:
Kurz und klar: Oligosaccharid-Unverträglichkeit
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